Von einer Krise in die nächste Deutlich mehr EU-Firmen melden Konkurs an

In Coronazeiten wurden Firmen in der Europäischen Union oft vor der Pleite geschützt. Nun steigen die Insolvenzen – in Westeuropa vor allem in Österreich, Großbritannien und Frankreich.
Münchner Möbelanbieter Who’s Perfect (Symbolbild): Viele Firmen rutschen wegen multiplen Krisen in die Insolvenz

Münchner Möbelanbieter Who’s Perfect (Symbolbild): Viele Firmen rutschen wegen multiplen Krisen in die Insolvenz

Foto: Hanno Bode / IMAGO

Viele Unternehmen hatten im vergangenen Jahr Probleme, die gestiegenen Kosten für Energie und Rohstoffe zu zahlen, gleichzeitig stiegen die Zinsen – und viele Menschen haben sich wegen der Inflation beim Konsum zurückgehalten. Mehr Firmen mussten deshalb Insolvenz anmelden, wie eine Studie  der Wirtschaftsauskunftei Creditreform nun zeigt.

Insgesamt gab es demnach 2022 in den 14 westeuropäischen EU-Ländern sowie in Norwegen, der Schweiz und Großbritannien 139.973 Firmenpleiten. Dies bedeute eine Steigerung um 24,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, hieß es. In den osteuropäischen EU-Ländern erhöhte sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen sogar um 53,5 Prozent auf mehr als 60.000.

»Das Ende der Coronapandemie war der Beginn eines kurzen Wirtschaftsaufschwungs in Europa, bevor er durch den Krieg in der Ukraine wieder abgewürgt wurde«, sagte der Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch. Die folgende Energiekrise habe die Wirtschaft unvorbereitet und mit Wucht getroffen. Viele angeschlagene Unternehmen hätten den Mehrfachbelastungen nicht standhalten können.

Viele Pleiten in Österreich, Großbritannien und Ungarn

Gleichzeitig spielt eine große Rolle, dass zahlreiche EU-Länder ihre Unternehmen in der Coronazeit mit Subventionen vor Insolvenzen geschützt hatten. In den zwei Pandemiejahren waren die Insolvenzzahlen entsprechend niedrig. Diese Phase ist nun vorbei. »Somit lässt sich die Insolvenzentwicklung auch als Normalisierung und notwendige Entwicklung bezeichnen«, sagte Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer bei Creditreform Österreich. Dennoch sind 2022 laut der Studie immer noch weniger Unternehmen in Westeuropa pleitegegangen als vor der Pandemie.

Auch in Westeuropa stiegen die Insolvenzzahlen. Einen deutlichen Anstieg verzeichneten Österreich (plus 59,7 Prozent), gefolgt von Großbritannien (plus 55,9 Prozent), Frankreich (plus 50,0 Prozent) und Belgien (plus 41,7 Prozent). Auch in der Schweiz, in Irland, den Niederlanden, in Spanien, Norwegen, Finnland, Schweden und Deutschland nahm die
Zahl der Unternehmensinsolvenzen zu
.

Weniger Unternehmensinsolvenzen als zuvor gab es dagegen in Dänemark, Luxemburg, Portugal, Italien und Griechenland.

In Osteuropa verzeichneten sieben der zwölf untersuchten Länder einen Anstieg der Insolvenzzahlen. Besonders deutlich war die Zunahme der Pleiten in Ungarn, Bulgarien und Litauen.

Besonders viele Insolvenzen gab es im Bereich Handel inklusive Gastgewerben (plus 34,5 Prozent), gefolgt vom Baugewerbe mit plus 24,7 Prozent. Auch der Dienstleistungssektor und die verarbeitenden Gewerbe waren besonders betroffen. Wirtschaftsforscher Hantzsch sagte, auch in den kommenden Monaten sei mit steigenden Zahlen zu rechnen.

kko/dpa
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