Folgen der Eurokrise IWF sagt lange Schwächephase in Europa voraus

Die Eurozone muss sich nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds längerfristig auf ein schwaches Wirtschaftswachstum einstellen. Die Lage in Deutschland bewertet der IWF zumindest für dieses Jahr optimistischer.
Baustelle in Spanien: Weitere Strukturreformen nötig

Baustelle in Spanien: Weitere Strukturreformen nötig

Foto: ALVARO BARRIENTOS/ AP

Europa sollte nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) mehr tun, um die Konjunktur anzukurbeln. Denn die Aussichten für die Euroländer sind demnach eher mau. Zwar habe sich die Konjunktur zuletzt erholt, aber für die Zukunft gebe es derzeit kaum Aussichten auf eine weitere Verbesserung, erklärte der IWF in seinem neuesten Ausblick. Längerfristig müsse sich die Eurozone auf ein schwaches Wirtschaftswachstum einstellen.

Der IWF forderte unter anderem mehr öffentliche Investitionen in Infrastruktur, um die Wachstumschancen in Europa zu vergrößern. So würden neue Arbeitsplätze geschaffen, die Bürger hätten die Chance, mehr zu konsumieren und ihre Schulden zurückzuzahlen und die Inflation würde anziehen. Zudem seien weitere Strukturreformen und mehr Stabilität im Bankensektor nötig. "Die Erwartung eines geringeren Wachstumspotenzials schwächt bereits heute Investitionen", sagte IWF-Chefökonom Olivier Blanchard.

Auf kurze Sicht erhöhte der IWF allerdings seine Prognose für die Eurozone. Für dieses Jahr erwartet der Währungsfonds ein Wachstum von 1,5 Prozent, im kommenden Jahr sollen es 1,6 Prozent sein. 2014 hatte die Wirtschaft lediglich um 0,9 Prozent zugelegt, im Jahr zuvor war der Währungsraum noch in der Rezession.

In den Krisenländern geht es langsam aufwärts

Selbst von der Eurokrise getroffene Länder wie Griechenland, Spanien, Frankreich und Italien verzeichnen laut dem IWF 2015 und 2016 ein ansehnliches Plus beim Bruttoinlandsprodukt. Nahezu überall in der Eurozone werde die Arbeitslosigkeit sinken.

Auch auf Deutschland blickt der Währungsfonds zumindest für die kommenden Monate optimistischer. Grund sind die niedrigeren Ölpreise und der schwache Euro, der den Export ankurbelt. Der IWF hob seine Wachstumsprognose für die Bundesrepublik für dieses Jahr von 1,3 auf 1,6 Prozent an. Für 2016 setzte er seine Prognose von 1,5 auf 1,7 Prozent herauf.

Dass seine Prognose für die gesamte Eurozone längerfristig dennoch gedämpft ausfällt, begründete der IWF vor allem mit der Schuldenkrise. Viele Euroländer kämpften weiter mit hohen Schulden. Investoren seien noch immer pessimistisch und trauten sich nicht, ihr Geld einzusetzen. Auch flössen Kredite weiterhin zu langsam, weil die Banken durch Altlasten in den Bilanzen insgesamt nicht stabil genug seien. Hinzu kämen Unsicherheiten durch Krisen wie in Russland, der Ukraine oder der Schuldenstreit mit Griechenland.

Schwellenländer schwächer, Industrienationen stabiler

Weltweit rechnet der IWF in diesem Jahr mit einem Wachstum von 3,5 und 2016 mit 3,8 Prozent. In den beiden Vorjahren lag es bei 3,4 Prozent. Besser als zuletzt stünden die großen Industrieländer da, während die Konjunktur in Entwicklungs- und Schwellenländern etwas nachgelassen habe.

Wachstumstreiber bleiben die USA, auch wenn die Prognosen für 2015 und 2016 leicht auf jeweils 3,1 Prozent zurückgenommen wurden. Für China werden weiter 6,8 und 6,3 Prozent vorausgesagt. Die russische Wirtschaft werde in diesem Jahr um 3,8 Prozent schrumpfen und damit deutlich stärker als erwartet. Brasilien rutsche in die Rezession, sagte der IWF voraus.

Der Währungsfonds warnte auch vor einer weiteren starken Dollar-Aufwertung. Dies könne vor allem Schwellenländer hart treffen. Dort haben sich Staaten und Unternehmen oft in Dollar verschuldet, durch dessen Stärke die Rückzahlung nun teurer wird.

Zusammengefasst: Die Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) fällt zwiespältig aus. Kurzfristig sieht er in den Euroländern zwar ganz gute Wachstumsraten, doch langfristig sind die Aussichten eher mau. Die Folgen der Schuldenkrise blockieren Investitionen.

mmq/dpa/Reuters
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