Deal mit Edeka, Rewe und Co. Kaiser's Tengelmann ist gerettet - oder?

Das Krisengespräch zur Zukunft von Kaiser's Tengelmann soll den Durchbruch gebracht haben - doch alle Beteiligten schweigen sich über das Ergebnis aus. Fünf Fakten.
Angestellte von Kaiser's Tengelmann

Angestellte von Kaiser's Tengelmann

Foto: Ina Fassbender/ dpa

Die rund 16.000 verbliebenen Mitarbeiter der angeschlagenen Supermarktkette Kaiser's Tengelmann können offenbar noch nicht aufatmen. Zu widersprüchlich sind die Signale nach der jüngsten Verhandlungsrunde. Am Donnerstagabend - das Treffen war gerade zu Ende gegangen - jagten die ersten Eilmeldungen über die Nachrichtenticker: "Gipfel erzielt Durchbruch". "Ver.di verkündet Tengelmann-Rettung", lauteten die Schlagzeilen.

Wenige Stunden später hört sich das allerdings deutlich verhaltener an. Das Bangen bei Kaiser's Tengelmann geht weiter, die Rede ist nur noch von einer "neuen Galgenfrist" für weitere Verhandlungen, diesmal bis zum 17. Oktober.

Was also haben die Beteiligten des Treffens besprochen? Und worauf haben sich Edeka und Kaiser's Tengelmann auf der einen Seite und die Konkurrenten Rewe, Norma und Markant verständigt? Die Antworten im Überblick.

Zur Erinnerung: Um die Zukunft von Kaiser's Tengelmann wird seit langem gerungen. Eigentlich hatte die Kette mit Edeka einen Käufer präsentiert, allerdings untersagte das Kartellamt die Fusion. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hebelte dieses Veto mit einer Sondererlaubnis aus, obwohl die Monopolkommission vehement protestierte. Zur Fusion kam es dennoch nicht. Richter stoppten den Prozess und warfen Gabriel vor, Edeka bevorzugt zu haben. Je länger sich die Krise hinzog, desto schwieriger wurde die wirtschaftliche Lage von Kaiser's Tengelmann. Zuletzt drohte Eigentümer Karl-Erivan Haub mit der Zerschlagung, sollte bis Freitag keine Lösung gefunden sein.

Wer hat verhandelt und was wurde beschlossen?

Die Gewerkschaft Ver.di hatte den Gipfel organisiert und erstmals alle beteiligten Firmen an einem Tisch versammelt: Neben Edeka und Kaiser's Tengelmann waren auch Rewe, Norma und Markant dabei. Die letzten drei genannten Handelsketten hatten gegen die Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Edeka geklagt.

Zu den Ergebnissen des Treffens äußerten sich lediglich die Vermittler von Ver.di. Die Pressemitteilung der Gewerkschaft beschränkte sich im Prinzip auf zwei dürre Sätze:

"Die Parteien haben sich auf das Ziel verständigt, dass die Ministererlaubnis nach Rücknahme der anhängigen Beschwerden umgesetzt werden kann und bis zum 17. Oktober 2016 eine einvernehmliche Einigung gefunden wird. Die Parteien haben sich bis zum 18. Oktober 2016 zu Stillschweigen verpflichtet."

Was bedeutet das?

Zum ersten Mal erklären alle Unternehmen den Willen, gemeinsam an einer Lösung für Kaiser's Tengelmann arbeiten zu wollen. Am Ende soll - Stichwort Ministererlaubnis - die Übernahme der Kette durch die Edeka-Gruppe erfolgen, die Gabriel gegen den Willen des Kartellamts durchgewunken hatte. Dazu bekennen sich nun auch die Edeka-Konkurrenten Rewe, Norma und Markant. Sie werden ihre Beschwerden gegen die Sondererlaubnis zurückziehen - sofern denn in den kommenden zwei Wochen ein umfassender Kompromiss erzielt wird.

Wie könnte diese Lösung aussehen?

Die Rede ist von "Kompensationen", die Rewe, Norma und Markant im Gegenzug erhalten sollen für ihre Zustimmung zu einer Übernahme von Edeka. Wie diese aussehen könnten, darüber wird derzeit nur spekuliert. Denkbar wären Entschädigungszahlungen von Edeka an die Konkurrenz.

Ökonomen kritisieren eine solche Lösung: "Sollte die Entschädigung tatsächlich monetär sein, wie in Medien suggeriert wird, wäre das keine gute Nachricht", sagt Tomaso Duso vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. Eine Komplettübernahme aller Märkte von Kaiser's Tengelmann durch Edeka hätte "negative Auswirkungen auf den Wettbewerb. Das kann teuer für die Verbraucher werden", so Duso.

Wahrscheinlicher ist, dass Rewe, Norma und Markant einige der mehr als 400 Filialen von Kaiser's Tengelmann übernehmen können.

Wieso lenkt Rewe jetzt ein?

Die größte Gegenwehr gegen die von Gabriel favorisierte Übernahme durch Edeka kam zweifelsfrei von Rewe. Konzern-Chef Alain Capparos wetterte gegen die "Riesensauerei" und im SPIEGEL gegen das angeblich "abgekartete Spiel". Tatsächlich hätte Rewe wohl gute Chancen gehabt, vor Gericht Recht zu bekommen. Das hätte allerdings nicht zwangsläufig einen wirtschaftlichen Vorteil für das Unternehmen bedeutet: Die Krise bei Kaiser's Tengelmann spitzt sich zu, zuletzt warnte der Geschäftsführer, der Kette liefen scharenweise Fachkräfte weg, etwa IT-Spezialisten. Eigentümer Karl-Erivan Haub läuft die Zeit davon - und auch die Konkurrenz befürchtet, dass nach einem Tengelmann-Zusammenbruch weniger zu verteilen bleibt als im Falle einer gütlichen Einigung.

Eine Schlüsselfrage für Rewe ist die Lage in Berlin und Bayern, wo Edeka bereits sehr stark vertreten ist.

Können die Mitarbeiter von Kaiser's Tengelmann aufatmen?

Jein. Die von Tengelmann-Eigner Haub für diesen Freitag angekündigte Zerschlagung ist abgewendet - zumindest bis zum Ablauf der neuen Zwei-Wochen-Frist. Das Bekenntnis der Gipfel-Teilnehmer zur Ministererlaubnis ist ebenfalls eine gute Nachricht für die Belegschaft. Gabriel hatte Edeka Zugeständnisse abgerungen, unter anderem eine Beschäftigungsgarantie für die kommenden fünf Jahre. Allerdings gilt die nur für Mitarbeiter von Kaiser's Tengelmann. An anderer Stelle dürften zwangsläufig Stellen verloren gehen, etwa bei Edeka, aber auch bei Rewe und Norma, sollten beide ebenfalls zum Zuge kommen. Denn darum geht es ja vor allem bei den erhofften Übernahmen: Einsparungen.

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