Gabriel verkündet Durchbruch So soll Kaiser's Tengelmann doch noch gerettet werden

Tengelmann-Filiale
Foto: Sven Hoppe/ dpaAls Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am frühen Montagnachmittag vor die Presse trat, verkündete er ein "erfreuliches Ergebnis" in den Verhandlungen um eine Lösung für die angeschlagene Supermarktkette Kaiser's Tengelmann. Die Schlichtungsgespräche unter Führung von Altkanzler Gerhard Schröder "wurden heute erfolgreich abgeschlossen", so Gabriel. "Einsatz und Arbeit haben sich gelohnt, die Arbeitsplätze von mehr als 15.000 Mitarbeitern wurden gerettet."
Der Einsatz, die Arbeit und das monatelange Tauziehen sind nicht spurlos an Gabriel vorbeigegangen: Als der Vizekanzler das große "Verantwortungsbewusstsein" der Streithähne von Kaiser's Tengelmann, Edeka und Rewe lobte, blickte er müde in die Runde der versammelten Journalisten.
Nachfragen beantwortete Gabriel kurz angebunden und ausweichend. Ob eine Einigung denn über alle Filialen erzielt worden sei? "Sämtliche Fragen zwischen den Unternehmen sind Gegenstand der Schlichtungsvereinbarung, ja", sagt Gabriel. Ein Fragesteller hakt nochmals nach: Also alle Filialen aufgeteilt? "Nein, es sind nicht alle aufgeteilt, aber es gibt einen Interessensausgleich", sagt Gabriel.
Lob kam von der Gewerkschaft Ver.di und aus der SPD. "Das ist ein gutes Ergebnis, mit dem alle Beteiligten leben können", sagt Harald Christ, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des SPD-Wirtschaftsforums. Gleichwohl "hätte man sich auf diese Lösung auch verständigen können, bevor der Konflikt so eskaliert ist".
Was sieht die Schlichtung für Kaiser's Tengelmann vor?
Die Supermarktkette wird - anders als zunächst geplant - nicht komplett an die Edeka-Gruppe verkauft. Edeka soll ein großes Paket Tengelmann-Filialen in Berlin an den Rivalen Rewe weiterreichen. Die Filialen in Bayern bekommt Edeka. Eine Abmachung über die Aufteilung der Märkte in Nordrhein-Westfalen steht offenbar noch aus.
In Nordrhein-Westfalen betreibt die Tengelmann-Gruppe derzeit noch 105 Kaiser's-Tengelmann-Filialen mit rund 4000 Mitarbeitern. Viele dieser Supermärkte befinden sich im ländlichen Raum und sind klein und alt. Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub hatte erst kürzlich eingeräumt, dass die Märkte in der Region Nordrhein "in allergrößter Not" seien.
Edeka-Chef Markus Mosa und Rewe-Chef Alain Caparros haben sich zudem auf einen Fahrplan geeinigt, um noch immer offene Detailfragen zu klären. Sie beauftragen einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer, den zu zahlenden Kaufpreis zu ermitteln. Dieser Prozess soll am Freitag abgeschlossen sein. Dabei handele es lediglich um einen "technischen Prozess", so Wirtschaftsminister Gabriel.
Edeka und Rewe haben sich Zeit bis zum 11. November gegeben, um den Deal unter Dach und Fach zu bringen. Rewe will bis dahin auch das Oberlandesgericht in Düsseldorf um eine Verschiebung bereits anberaumter Verhandlungstermine bitten. Rewe hatte gegen die Ministererlaubnis geklagt, mit der Wirtschaftsminister Gabriel zunächst grünes Licht für die ursprünglich geplante Komplettübernahme durch Edeka gegeben hatte.
Was wird aus den Mitarbeitern?
Nach den Worten von Gabriel können sich alle Beschäftigten bei Kaiser's Tengelmann freuen. "Sie können ein gutes Weihnachtsfest feiern, weil sie sich keine Sorgen mehr um ihren Arbeitsplatz machen müssen", so der Minister. Rewe habe sich dazu verpflichtet, die Bedingungen der Ministererlaubnis zu erfüllen. Bestehende Tarifverträge sollen weiterhin Gültigkeit besitzen, und die Arbeitsplätze der Beschäftigten von Kaiser's Tengelmann für insgesamt bis zu sieben Jahre sicher sein, so Gabriel.
War es das jetzt wirklich?
Ganz sicher ist das nicht. Alle Seiten haben Stillschweigen über die Details der Schlichtung vereinbart. In den vergangenen Tagen war aus Verhandlungskreisen mehrfach durchgesickert, die Gespräche hätten kurz vor dem Scheitern gestanden. Auch nach Gabriels Auftritt gibt es noch offene Fragen. Neben dem Kaufpreis gehört dazu offenbar auch der Punkt "Lastenverteilung". Gemeint ist damit unter anderem, ob sich Rewe an Kosten für die Restrukturierung defizitärer Filialen in Nordrhein-Westfalen beteiligt, aber auch der sogenannten "rückwärtigen Dienste" von Kaiser's Tengelmann, also von Verwaltung, Lager und Fleischherstellung.
Laut Gabriel steht eine Einigung bei diesen Fragen kurz bevor. "Ich gehe nicht davon aus, dass es noch irgendeinen Stolperstein geben kann", so der Wirtschaftsminister. In Verhandlungskreisen ist man sich nicht ganz so sicher. Tatsächlich gab es schon einmal eine ähnliche Einigung. Anfang Oktober hatten die Supermarkt-Chefs bei einem Spitzentreffen bereits einmal Filialen von Kaiser's Tengelmann aufgeteilt. Wenige Wochen später erklärten sie die Gespräche für gescheitert.