Brandkatastrophe in Pakistan Dortmunder Richter weisen Klage gegen Kik ab

Fast sechseinhalb Jahre nach dem Brand in einer Kik-Fabrik in Pakistan sind Betroffene vor einem deutschen Gericht gescheitert. Ihre Schmerzensgeldklage wurde wegen Verjährung abgewiesen.
Logo des Textildiscounters Kik

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Foto: Arno Burgi/ dpa

Der Textildiscounter Kik muss nach einem Fabrikbrand in Karachi vor gut sechs Jahren kein Schmerzensgeld zahlen. Das Dortmunder Landgericht wies die Klage von vier Pakistanern ab. Die geltend gemachten Ansprüche von 30.000 Euro pro Kläger seien nach pakistanischem Recht bereits verjährt, begründeten die Richter die Entscheidung.

Bei dem Feuer in der Textilfabrik Ali Enterprises waren im September 2012 insgesamt 258 Menschen zu Tode gekommen und zahlreiche weitere verletzt worden. Die Kläger - drei Hinterbliebene und ein Überlebender - wollten erreichen, dass Kik als Hauptkunde der Fabrik für etwaige Brandmängel einstehen muss.

Mit der Gerichtsentscheidung bleibt offen, ob den Klägern Ansprüche gegen Kik überhaupt zugestanden hätten. Die Kläger wollen nach Angaben der Organisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) nach Auswertung der schriftlichen Urteilsbegründung entscheiden, ob sie in Berufung gehen.

Die Kläger aus Pakistan machten in dem Verfahren vor dem Landgericht Dortmund geltend, dass Kik bei seinem Lieferanten nicht ausreichend auf die Einhaltung von Sicherheitsstandards beziehungsweise Brandschutzvorgaben hingewirkt habe - obwohl Kik zur Kontrolle der vorgegebenen Standards verpflichtet gewesen sei.

Mutter eines getöteten Arbeiters als Klägerin vor Gericht

Mutter eines getöteten Arbeiters als Klägerin vor Gericht

Foto: Christophe Gateau/ dpa

Das Unternehmen wies diesen Vorwurf zurück. Das Feuer sei durch einen terroristischen Brandanschlag ausgelöst worden, für den Kik keine Schuld trage. Die Fabrik habe keine Brandschutzmängel aufgewiesen.

Die Klage der Pakistaner war bereits seit März 2015 beim Dortmunder Landgericht anhängig. Im Sommer 2016 sprach das Gericht den vier Betroffenen Prozesskostenhilfe für eine Klage in Deutschland zu - betonte aber gleichzeitig, dass damit noch keinerlei Prüfung der Erfolgsaussichten verbunden sei.

Denn über die Klagen sei nach pakistanischem Recht zu entscheiden. In der Folge holte die Dortmunder Zivilkammer ein Gutachten zum pakistanischen Recht ein, bei dem die Frage einer möglichen Verjährung in den Vordergrund rückte. Dabei gelangte der Gutachter aus Großbritannien zu der Überzeugung, mögliche Ansprüche seien nach pakistanischem Recht verjährt.

Kik sieht sich bestätigt und ist dennoch nicht zufrieden

Ansgar Lohmann, bei Kik zuständig für unternehmerische Sozialverantwortung, sagte nach der Gerichtsentscheidung, das Unternehmen sehe sich in seiner Rechtsauffassung bestätigt. Unabhängig von den juristischen Auseinandersetzungen habe Kik die Betroffenen finanziell unterstützt und 6,15 Millionen Dollar Hilfezahlungen geleistet.

Lohmann bezeichnete es zugleich als unbefriedigend, dass durch den Ausgang des Dortmunder Prozesses die von den Klägern aufgeworfene Frage der Haftung von Unternehmen für ihre Zulieferer unbeantwortet bleibe. Unternehmen benötigten Rechtssicherheit. Kik plädiere für "eine klare gesetzliche Regelung unternehmerischer Sorgfaltspflichten auf europäischer Ebene".

"Das aktuelle Recht wird der globalisierten Wirtschaft nicht gerecht"

Miriam Saage-Maaß von der Menschenrechtsorganisation ECCHR maß dem Verfahren grundlegende Bedeutung zu. "Deutsche Unternehmen aller Branchen haben die Klage gegen Kik genau verfolgt. Rechtsexperten in Deutschland, Großbritannien und der Schweiz griffen die Argumentation auf. Allen ist klar: Das aktuelle Recht wird der globalisierten Wirtschaft nicht gerecht."

mmq/dpa/AFP
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