Kreditklemme bei Petroplus Raffineriekonzern bangt um Öl-Nachschub

Petroplus-Raffinerie im schweizerischen Cressier: "Ernste Sache für unsere Firma"
Foto: DENIS BALIBOUSE/ REUTERSZürich - Noch arbeitet die Ingolstädter Raffinerie im Normalbetrieb, doch schon bald könnte die Ölverarbeitung dort mangels Rohstoff eingestellt werden: Europas größter unabhängiger Raffineriebetreiber Petroplus hat offenbar das Vertrauen der Banken verloren. Eine für das Tagesgeschäft nötige Kreditlinie von rund einer Milliarde Dollar muss der Schweizer Konzern nun nachverhandeln. Petroplus braucht das Geld, um den Rohölnachschub für seine Anlagen sicherzustellen.
Ein Konzernsprecher bestätigte die prekäre Lage. "Wir können nicht so Rohöl kaufen, wie wir das gerne wollen. Das ist eine ernste Sache für unsere Firma." Petroplus betreibt außer der Anlage im bayerischen Ingolstadt noch weitere vier Raffinerien in der Schweiz, Frankreich, Belgien und Großbritannien. Das Unternehmen stellt laut einer Übersicht des Ölkonzerns BP etwa 4,4 Prozent der europäischen Raffineriekapazitäten. Im Gegensatz zu den großen Ölmultis besitzt Petroplus aber keine eigenen Förderquellen.
Bereits vor einigen Monaten hatte der Konzern die mit den Banken vereinbarten Auflagen für einen ersten Milliardenkredit verletzt - laut Firmenangaben zunächst ohne unmittelbare Folgen. Petroplus sollte bis zum ersten Quartal 2012 Zeit bekommen, neue Kredite auszuhandeln. Zudem wollte die Firma bankunabhängige Finanzierungsformen für ihre Rohöleinkäufe suchen.
Aktienkurs stürzt um 40 Prozent ab
Doch nun sind die Banken einem selbst in einer schwierigen Lage - und haben Analysten der Zürcher Kantonalbank zufolge das Vertrauen in das Unternehmen offenbar verloren. "Die europäischen Raffinerien im Allgemeinen haben Probleme, und Petroplus ist ein Hochrisiko-Fall", sagte der Analyst.
Die Raffinerien des Konzerns verfügen laut dem Petroplus-Sprecher zwar über Vorräte, diese reichten aber nicht wochenlang, sondern seien viel schneller aufgebraucht. Es würden weitere strategische Optionen geprüft, um den Betrieb im europäischen Raffinerie- und Verteilsystem aufrechtzuerhalten. Der Aktienkurs des Unternehmens stürzte an der Börse in Zürich um mehr als 40 Prozent ab.
Petroplus leidet unter Überkapazitäten in der Branche und der schwachen Konjunktur, zudem verteuerte der hohe Ölpreis den Einkauf. Auch der Lieferstopp für libysches Öl durch den Bürgerkrieg traf das Unternehmen. In den Monaten Juli bis September machte Petroplus bei einem Umsatz von rund 6,5 Milliarden Dollar einen Verlust von 95 Millionen Dollar.