
Herbalife: Das Drama um den Diätkonzern
Drama um Diätkonzern Entscheidungskampf der Hedgefonds-Titanen
Bill Ackman und Daniel Loeb sind aus gleichem Holz. Beide sind prominente Hedgefonds-Chefs, die mit ihren Angriffen auf schwächelnde Konzerne Milliarden gescheffelt haben. Beide gehören zu Manhattans High Society, in der sich ihre Gattinnen wohltätig engagieren. Beide kommen aus feinen Familien und haben Elite-Unis absolviert. Beide lieben das Rampenlicht.
Die Finanzhaie könnten BFFs sein, Best Friends Forever, spottet Heidi Moore, Wall-Street-Korrespondentin des Radioprogramms "Marketplace". Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Sie sind sich spinnefeind - und setzen neuerdings alles daran, sich zu vernichten.
Der brutale Krieg der Hedgefond-Giganten hält nicht nur die Wall Street in Bann, sondern auch die Klatschspalten. Er ist eine filmreife Saga von Geld, Macht und zwei Super-Egos, die sich plötzlich im Weg stehen. Medien beschreiben die Auseinandersetzung als "Kampf der Titanen".
Hier geht es um viel mehr als verletzte Gefühle oder die Hackordnung einer Elite, die in 45-Millionen-Dollar-Penthäusern lebt und in den Hamptons übersommert. Es geht um Milliardengeschäfte - und die Zukunft einer Firma, die sich nun fragt, wie sie bloß ins Kreuzfeuer dieser Kreuzritter geraten ist.
In eiskalter Aggressivität vereint
In Aggressivität vereint fochten Ackman und Loeb jahrelang getrennte Schlachten. So knöpfte sich Ackman, 47, die Einzelhandelsgiganten J.C. Penney und Target vor. Loeb, 51, hatte die Finger im Spiel, als Yahoo 2012 seinen Vorstandschef Scott Thompson schasste und durch die Google-Veteranin Melissa Mayer ersetzte.
Ackman und Loebs Karrieren sind gepflastert mit Unternehmen, die Opfer ihres Shareholder-Aktivismus wurden: Canadian Pacific Railway, Barnes & Noble, Procter & Gamble, Star Gas. Sie nutzen ihre Milliarden, um Kurse zu bewegen, Einfluss zu erzwingen und Firmen in die Pleite zu treiben. Andere Hedgefonds mögen gerade Schwierigkeiten haben. Ackman und Loeb sind "Rockstars" ("New York Times"), die Finanzkrise und Wirtschaftkollaps kaltblütig überstanden haben.

Erklärgrafiken: So zocken Hedgefonds
Jetzt aber prallen ihre Ambitionen aufeinander, in einem Kampf bis aufs Messer. In dessen Mittelpunkt steht Herbalife, ein US-Diätkonzern mit breitem Schlankheitssortiment: Haut- und Haarprodukte, Pillen und Pulver, Snacks und Shakes, die das Abnehmen erleichtern sollen - ein Megageschäft im übergewichtigen Amerika.
Seine Mittelchen verkauft Herbalife über ein Millionenheer unabhängiger Vertriebspartner - Kunden, die dazuverdienen, wenn sie weitere Kunden ködern, nach dem Vorbild von Avon. Oft treffen sich diese in "Clubs", wo sie ihre Kräuter-Aloe-Drinks gemeinsam runterspülen.
Das funktioniert seit 33 Jahren schon ganz gut, trotz gelegentlicher Kontroversen um die Wirksamkeit der Ware. Das kalifornische Unternehmen mit dem giftgrünen Logo ist heute in 81 Ländern präsent und fuhr zuletzt 3,5 Milliarden Dollar Jahresumsatz ein, bei einem Marktwert von 4,9 Milliarden Dollar.
Selbst Fußballstar David Beckham machte mal Trikot-Werbung für Herbalife, bevor er sich distanzierte, als Zweifel an den Ingredienzen der Wundermittel aufkamen. Doch sind es nicht die Substanzen, die Ackman und Loeb auf den Plan riefen. Es ist das Geschäftsmodell.
"Das am besten gemanagte Schneeballsystem der Weltgeschichte"
Im Dezember lud Ackman zu einer Investorenkonferenz in Manhattan. Drei Stunden lang und mit 343 Dias illustrierte er seine dramatischen Vorwürfe gegen Herbalife. Titel seiner Präsentation: "Wer wird Millionär?"
"Dies ist das am besten gemanagte Schneeballsystem der Weltgeschichte", empörte sich Ackman über Herbalife. Die Teilnehmer dieses Betrugstricks, wie ihn so ähnlich auch der berüchtigte Milliardenschwindler Bernie Madoff lange praktiziert hatte, verdienten ihr Geld mehr durchs Rekrutieren neuer Teilnehmer als durch den Verkauf der suspekten Produkte. Die Umsätze seien fiktiv, die Preise Wucher, die Bilanzen irreführend.
Zum Beweis zeigte Ackman Fotos von sichtlich heruntergekommenen Herbalife-"Clubs", die wirken, als könne man dort Marihuana kaufen. Flankiert von Videos "erfolgreicher" Herbalife-Partner, die prahlen, Ferraris und Bentleys zu fahren, Slogan: "Übernimm die Kontrolle über dein Leben."
Ackman beließ es nicht bei Worten und Bildern. Seine Hedgefonds-Gruppe Pershing Square Capital tätigte zugleich enorme Leerverkäufe - mindestens 20 Millionen Herbalife-Aktien, so heißt es - und begann so mehr als eine Milliarde Dollar auf einen Kollaps von Herbalife zu verwetten. Die Anleger gerieten in Panik, die Aktie stürzte prompt um 38 Prozent ab.
Herbalife konterte: Ackmans "böswilliger Angriff" beruhe auf "verzerrten und inkorrekten Informationen". Vorstandschef Michael Johnson, ein ehemaliger Disney-Manager, trat vorige Woche zum Gegenvortrag an - ebenfalls in Manhattan, ebenfalls mit Dias und Videos. Bill Ackman war ausdrücklich nicht zugelassen, er war sowieso zum Tauchen in Burma.
"Sie werden sehen, dass wir ein anständiges Unternehmen mit anständigen Kunden sind", versicherte Johnson den rund 120 Anwesenden. Pfadfinderinnen verkauften mit dem gleichen Geschäftsmodell Kekse. "Keiner attackiert sie." Zum Abschied bekamen alle Gäste eine Geschenktüte mit Diätprodukten.
Am selben Tag erhielt Herbalife Flankenschutz - von Ackman-Nemesis Daniel Loeb. Dessen Fondsfirma Third Point gab bekannt, sie habe fast neun Millionen Herbalife-Aktien im Wert von mehr als 350 Millionen Dollar gekauft. Man spiele mit dem Gedanken, diesen Anteil von derzeit 8,2 Prozent sogar noch zu erhöhen.
Mit der spektakulären Gegenwette alte Rechnungen begleichen
Mit anderen Worten: Während Ackman eine Milliarde Dollar gegen Herbalife verwettet, setzt Loeb mindestens ein Drittel dessen auf Herbalife - und damit auf das Scheitern Ackmans. Dessen "verkürzte These", schrieb Loeb an Investoren, setze voraus, dass die US-Handelskommission FTC jahrzehntelang "geschlafen" habe. "Wir", so Loeb, "halten diese These für lächerlich."
Und prompt zog die Herbalife-Aktie wieder an.
Insider munkeln, Loeb wolle mit seiner spektakulären Gegenwette alte Rechnungen begleichen. Er halte Ackman für einen Aufschneider, "der sich übernommen hat", so die "New York Post". Was die Zeitung verschweigt: Kürzlich stieß Loeb viele Positionen ab, die ihn belasteten - darunter auch vier Millionen Aktien von Rupert Murdochs Medienkonzern News Corporation, dem die "New York Post" gehört.
Es ist offenbar nicht das erste Mal, dass es böses Blut gibt zwischen Ackman und Loeb. Auch in dramatischen Shareholder-Kämpfen um die Einzelhändler J.C. Penney und Target sollen sie gegeneinander gewettet haben.
Andere Zocker haben sich dem Vabanque-Spiel angeschlossen. Der Hedgefonds-Manager David Einhorn äußerte ebenfalls Zweifel an Herbalife. Der berühmte Firmenjäger Carl Icahn hingegen - der sich mit Ackman schon vor Gericht gestritten hat - soll auf der Seite Loebs stehen.
"Der Kampf wird weitergehen", prophezeite die Investmentfirma Janney vorige Woche. "Es wird lange Zeit dauern, bis es hier auch nur den Anschein einer Lösung geben wird."
Fest steht nur eins: Ackman und Loeb können nicht beide gewinnen. Einer von ihnen wird eine Menge Geld verlieren - und Herbalife möglicherweise seinen Ruf und seine Zukunft. Best Friends Forever wird man so wohl kaum.