Kriselnder Versicherer AIG zahlt Mitarbeitern 100 Millionen Dollar Boni

AIG-Logo: Mit Milliardenhilfen der Regierung vor dem Zusammenbruch gerettet
Foto: Mark Lennihan/ APNew York - Der US-Versicherer AIG musste mit vielen Steuermilliarden vor dem Zusammenbruch gerettet werden - jetzt zahlt er seinen Mitarbeitern dicke Boni. Schon diesen Mittwoch sollen 100 Millionen Dollar ausgezahlt werden, berichten die "New York Times", die "Washington Post" und die Nachrichtenagentur AFP übereinstimmend.
Die Prämien erhalten demnach ausgerechnet die Mitarbeiter der Finanzmarktsparte - jenes Unternehmensbereichs, der für den Beinahe-Zusammenbruch des einstigen Versicherungsgiganten verantwortlich ist.
Die vorgezogenen Bonuszahlung gingen allerdings nur an Beschäftigte, die vorher zugesichert hätten, im Gegenzug auf 10 bis 20 Prozent ihres vertraglichen zugesicherten Sondersalärs zu verzichten, schreibt die "Washington Post" am späten Dienstag. AIG äußerste sich dazu zunächst nicht.
Nach massiven Protesten gegen hohe Boni bei AIG im vergangenen Jahr hatte die Versicherung eine Verminderung der Zahlungen in diesem Jahr vereinbart. Darauf ließen sich nach Unternehmensangaben 97 Prozent der Angestellten in der Finanzmarktsparte ein. Sie sollen insgesamt 20 Millionen Dollar weniger erhalten als ihnen theoretisch zustünden. Zum Ausgleich zahlt die Versicherung ihnen die Boni bereits jetzt.
Taktik gegen öffentliche Entrüstung
Wer der Reduktion nicht zugestimmt hat, soll das Geld im März erhalten. Dann ist voraussichtlich nochmals eine Dollar-Summe im zweistelligen Millionenbereich fällig. US-Medien rechnen mit Boni von insgesamt 195 Millionen Dollar in diesem Jahr. Mit dem Abschlag und der zeitlich versetzten Auszahlung versucht die AIG-Führung, einen Aufruhr wie im vergangenen Jahr zu verhindern.
Damals hatten ähnliche Bonuszahlungen von mehr als 160 Millionen Dollar in den USA für einen Sturm der Entrüstung in der Öffentlichkeit gesorgt. US-Präsident Barack Obama verurteilte überzogene Managergehälter scharf und versprach Obergrenzen bei staatlich gestützten Unternehmen. Zugleich wollte die US-Regierung einen Teil der Bonuszahlungen zurückholen, stieß dabei aber auf Hürden in den Arbeitsverträgen.
Etliche AIG-Manager beteuerten damals, ihre Boni freiwillig zurückgeben zu wollen. Mittlerweile hat sich aber herausgestellt, dass nicht einmal die Hälfte des versprochenen Geldes zurückgeflossen ist. In Verhandlungen hat der von Obama eigens eingesetzten Chefberater für Manager-Vergütungen, Kenneth Feinberg, zumindest auf eine Reduzierung der anstehenden Bonuszahlungen gedrängt. Bereits im Juli hatte die "Washington Post" über die Gespräche zwischen Feinberg und dem AIG-Management berichtet.
Die US-Regierung hatte mehr als 182 Milliarden Dollar in AIG gepumpt, um den Konzern auf dem Höhepunkt der Finanzkrise vor dem Zusammenbruch zu bewahren, und war dadurch mit knapp 80 Prozent zum größten Anteilseigner aufgestiegen. Mit Verkäufen versucht das neue AIG-Management um Robert Benmosche nun, zumindest einen Teil der Staatshilfe zurückzuzahlen. Für 2008 hatte der Konzern einen in der US-Geschichte einmaligen Verlust von knapp 100 Milliarden Dollar ausgewiesen; für 2009 stehen die Zahlen noch aus.
AIG war nach Beginn der Finanzmarktkrise mehrfach heftig in die Kritik geraten. So spendierte der Konzern einigen Managern kurz nach der staatlichen Rettungsaktion einen 440.000-Dollar-Aufenthalt in einem kalifornischen Luxushotel. Wenig später sorgte eine 86.000 Dollar teure Jagdpartie in England für Empörung.
Bank of Amerika zahlte Mitarbeitern mehr als vier Milliarden Dollar
Über satte Gehälter konnten sich einem Zeitungsbericht zufolge auch die Mitarbeiter der Bank of America freuen. Das Institut zahlte seinen Investment-Bankern und Händlern im vergangenen Jahr offenbar mehr als vier Milliarden Dollar. Jeder einzelne von ihnen erhalte für 2009 im Durchschnitt zwischen 300.000 und 500.000 Dollar, berichtete das "Wall Street Journal" am Mittwoch unter Berufung auf einen Insider. Damit komme das Institut fast an die Zahlungen des Rekordjahrs 2006 heran. Die Bank war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Die US-Regierung steht wegen der anhaltenden Boni-Skandale massiv unter Druck - und greift, um die Bevölkerung zu beschwichtigen, zu immer drastischeren Maßnahmen. Der Wirtschaftsberater von US-Präsident Barack Obama, Paul Volcker, warb vor dem US-Kongress jetzt für drastische Einschnitte beim Geschäftsmodell der Großbanken. Der Staat dürfe hochriskante Geschäfte der Banken auf eigene Rechnung und ihre Beteiligung am spekulativen Handel nicht schützen, sagte Volcker bei einer Anhörung am Dienstag.
Obama will den Großbanken Eigenhandel und Investitionen in Hedgefonds verbieten. Der Vorschlag hat in der Branche einen Sturm der Entrüstung ausgelöst, weil er so weitreichend in die Arbeit der Banken eingreift. Der ehemalige Notenbankchef Volcker räumte allerdings ein, dass die Reform die Debakel von AIG und Lehman Brothers nicht verhindert hätte. Ohne die vorgeschlagenen Beschränkungen werde es jedoch zu einer neuen Krise kommen.
Volcker warnte bereits zuvor vor einem großen Interessenkonflikt der Institute, solange sie einerseits im klassischen Bankgeschäft mit dem Geld der Kunden wirtschaften und andererseits über kühne Investitionen hohe Renditen erzielen wollen. Deshalb fordert Obama eine strikte Trennung der beiden Bereiche. Dies würde im Extremfall aber bedeuten, dass Großbanken wie JPMorgan ihr halbes Geschäft abgeben oder Investmentspezialisten wie Goldman Sachs ihre Banklizenz wieder abgeben müssten.