»Mehrkosten noch nicht vollständig weitergegeben« Nestlé kündigt weitere Preissteigerungen an

Auch wenn sich die Inflation allmählich abschwächt, sollen Nestlé-Produkte in diesem Jahr teurer werden. In einem Interview spricht der Chef des größten Lebensmittelherstellers der Welt von »Aufholbedarf«.
Der Vorstandsvorsitzende von Nestlé, Ulf Mark Schneider

Der Vorstandsvorsitzende von Nestlé, Ulf Mark Schneider

Foto: Laurent Gillieron / KEYSTONE / picture alliance

Butter wird zwar wieder günstiger, doch insgesamt bleiben die Lebensmittelpreise angesichts der Inflation hoch – und könnten mitunter noch weiter steigen: Der Vorstandschef des Lebensmittelkonzerns Nestlé, Ulf Mark Schneider, hält weitere Preiserhöhungen für die Produkte des Unternehmens in diesem Jahr für unvermeidbar. »Wir haben die für uns anfallenden Mehrkosten noch nicht vollständig weitergegeben«, sagte Schneider der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung « (»FAS«). »Es wird daher weitere Preissteigerungen geben.«

Nestlé ist der größte Lebensmittelhersteller der Welt. Das Schweizer Unternehmen hat dem Bericht zufolge für sein Sortiment in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres die Preise im Durchschnitt um 7,5 Prozent angehoben. Laut Statistischem Bundesamt  waren Nahrungsmittel im Jahr 2022 im Schnitt 13,4 Prozent teurer als noch 2021.

Schneider sagte der »FAS«, auch wenn die Teuerung nicht mehr so hoch sei wie 2022, bestehe für Nestlé »aufs volle Jahr gesehen noch ein Aufholbedarf«. Wie hoch die Preissteigerungen ausfielen, hänge von der Entwicklung der Arbeits- und Energiekosten ab. Schneider sagte, Nestlé sei »nicht der Verursacher dieser Inflation« und »von ihr getroffen wie jeder Konsument auch«.

»Täuschung möchte ich mir nicht unterstellen lassen«

Tatsächlich sind viele Kosten, die bei der Herstellung von Lebensmitteln eine Rolle spielen, gestiegen – so etwa die für Energie. Verbraucherschützer rufen aber dazu auf, sich die Hersteller und Händler hinter den Preissteigerungen genauer anzuschauen. »Nicht alle Preissteigerungen sind transparent und basieren auf höheren Herstellungskosten«, schreiben etwa die Verbraucherzentralen . Sie fordern Politik und Kartellamt auf, »zu prüfen, ob Unternehmen die Lage nutzen, um die eigenen Erträge zu verbessern«.

In den ersten drei Quartalen des Vorjahres setzte Nestlé weltweit 69,1 Milliarden Franken (70,4 Milliarden Euro) um. Aus eigener Kraft, also Zukäufe und Wechselkurseffekte herausgerechnet, betrug das Umsatzplus 8,5 Prozent – das lag auch an Preiserhöhungen. Jahreszahlen für 2022 legt der Konzern am 16. Februar vor.

Schneider wies Vorwürfe von Verbraucherschützern und Einzelhändlern zurück, dass Nestlé sich auf Kosten der Konsumenten bereichere. Auch eine Frage, ob Nestlé mit kleineren Verpackungsgrößen über Preiserhöhungen hinwegtäuschen wolle, verneinte Schneider. »Täuschung möchte ich mir nicht unterstellen lassen«, sagte er. Kürzlich hatten Verbraucher das Streichfett »Rama« des Herstellers Upfield wegen einer solchen versteckten Preiserhöhung zur »Mogelpackung des Jahres« gewählt.

Nestlé will Geschäft mit Fleischersatzprodukten stärken

Schneider äußerte sich in der »FAS« auch zu den künftigen Marktchancen für Fleischersatzprodukte auf pflanzlicher Basis. Sein Unternehmen setze damit »mehr als 800 Millionen Franken im Jahr um« – umgerechnet knapp 800 Millionen Euro – »und das mit zweistelligen Wachstumsraten«. Die Bedeutung dieses Geschäfts für den Konzern werde in den kommenden Jahren deutlich zunehmen, sagte Schneider. Sie sollten auch dabei helfen, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren.

Zum Potenzial von Laborfleisch sagte Schneider, es sei Produkten auf Pflanzenbasis mit Blick auf Proteingehalt und Kalorienzahl unterlegen. »Deshalb halte ich Laborfleisch vor allem für sogenannte Hybridprodukte für interessant. Das heißt, man stellt zum Beispiel 80 Prozent des Nahrungsmittels aus Pflanzen her, und als letztes Tüpfelchen obendrauf mischt man etwas kultiviertes Fleisch dazu.«

kko/AFP/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Playlist
Speichern Sie Audioinhalte in Ihrer Playlist, um sie später zu hören oder offline abzuspielen. Zusätzlich können Sie Ihre Playlist über alle Geräte mit der SPIEGEL-App synchronisieren, auf denen Sie mit Ihrem Konto angemeldet sind.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren