Leerverkaufs-Verbot Händler spotten über Placebo-Regulierung

Börse in Malaysia: "Dann tue ich das eben im Ausland"
Foto: Vincent Thian/ APFrankfurt am Main - Das Verbot ist kaum in Kraft, da stellen es Händler schon in Frage: Vier europäische Länder haben sogenannte Leerverkäufe seit Freitag untersagt, um so die Schwankungen an den Börsen einzudämmen. Doch Experten halten diese Strategie für nutzlos. "Wenn ich die Aktien in meinem Land nicht mehr leerverkaufen kann, dann tue ich das eben im Ausland", sagte ein Marktstratege.
Leerverkäufe gelten als Krisenbeschleuniger. Denn Anleger setzen dabei auf fallende Aktienkurse. Ein Leerverkauf kann so ablaufen: Ein Händler verkauft Aktien zum Stückpreis von zehn Euro weiter, die er sich selbst bei anderen Investoren nur geliehen hat. Fällt der Preis des Wertpapiers in den folgenden Wochen auf fünf Euro, kauft der Spekulant die Aktien wieder, um sie dem ursprünglichen Besitzer zurückzugeben. Er macht dann pro Wertpapier fünf Euro Gewinn, wovon er nur noch die Leihgebühr abziehen muss (mehr zum Thema Leerverkäufe bei Wikipedia ).

Erklärgrafiken: So funktionieren Leerverkäufe
Zu Handelsbeginn zeigte das Verbot kaum Wirkung: Die Aktienkurse französischer, italienischer und spanischer Banken schwankten in der ersten Handelsstunde in einer Spanne von minus sechs bis plus vier Prozent. Auch bei den Leitindizes gab es große Ausschläge.
Im Verlauf des Handels legten die meisten Aktien von Banken und Versicherern in Europa dann aber zu. Auch der Dax zog an.
"Das Verbot von Leerverkäufen in einigen Ländern treibt den Dax an, im Zuge der steigenden Kurse kaufen auch die Investoren eifrig, die zuvor auf fallende Kurse gesetzt haben", sagte ein Händler. Das Eingreifen könne helfen, die zuletzt starken Schwankungen teilweise zu kontrollieren, sagte ein Marktstratege.
Die meisten Analysten und Marktexperten halten jedoch nicht viel von dem Verbot. "Ein Pflaster auf eine Wunde zu kleben, die mit mehreren Stichen genäht werden müsste, löst das Problem nicht", sagte ein Hedgefonds-Manager.
In London sind Leerverkäufe weiter erlaubt
"Die Entscheidung ist vor allem psychologischer Natur, da sie die Position der Regulatoren gegenüber der der Spekulanten zu stärken scheint", sagte ein Analyst. Tatsächlich hätten die Händler längst Mittel gefunden, solche Verbote zu umgehen, das Verbot werde daher kaum Wirkung zeigen können.
So können Händler den Verboten in einzelnen Ländern ausweichen. In London etwa, dem größten europäischen Finanzplatz, sind Leerverkäufe weiter erlaubt. "Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ein weiterer Ausverkauf dadurch verhindert wird", sagte ein Aktienhändler angesichts des Verbots von Leerverkäufen in vier Ländern. Investoren könnten auch einfach einen kurzfristigen Kursanstieg abwarten, um sich von ihren Titeln zu trennen, sagte der Händler.
In den vergangenen Tagen hatten vor allem die Kursabstürze von Bankaktien für Unruhe gesorgt. Nach Spekulationen über Finanzschwierigkeiten der französischen Großbank Société Générale waren deren Aktien am Mittwoch dramatisch abgestürzt. Am Freitag stabilisierte sich der Kurs. Die Aktie der Bank legte zwischenzeitlich leicht zu.
Auch die Papiere von BNP Paribas, dem größten Geldinstitut der Euro-Zone, gewannen zumindest leicht hinzu. Die Aktien von Deutscher Bank und Commerzbank konnten nach anfänglichen Verlusten ebenfalls zulegen.
Die deutsche Finanzaufsicht sieht derzeit keinen Anlass, das bestehende Leerverkaufsverbot in Deutschland auszuweiten. "Wir beobachten die Marktentwicklung sehr genau, sehen derzeit aber keine Auffälligkeiten", sagte eine Sprecherin der Finanzmarktaufsicht BaFin.
Grundsätzlich begrüßt die Bundesregierung aber den Kurs von Frankreich, Italien, Spanien und Belgien. Deutschland habe die Problematik bereits seit geraumer Zeit im Visier und ungedeckte Leerverkäufe deshalb schon 2010 verboten, erklärte das Bundesfinanzministerium. Nur mit einem weitgehenden Verbot könne einer zerstörerischen Spekulation überzeugend begegnet werden. Die Bundesregierung unterstütze daher die angekündigten Maßnahmen der vier Länder.