Streit um Preispolitik
Bauern sehen 50-Millionen-Angebot von Lidl-Mutter als »Trostpflaster«
Mit 50 Millionen Euro will der Betreiber von Lidl und Kaufland einen Konflikt mit Bauern befrieden. Doch die sind unzufrieden: Dieselbe Summe verliere man jede Woche durch die Niedrigpreise des Handels.
Protest von Bauern vor dem Lidl-Zentrallager in Cloppenburg
Foto: Hauke-Christian Dittrich / dpa
Im Konflikt um faire Erzeugerpreise will der Betreiber der Supermarktketten Lidl und Kaufland Landwirten 50 Millionen Euro bereitstellen – stößt damit aber auf wenig Gegenliebe. Mit dem Geld will die Schwarz-Gruppe nach eigenen Angaben besonders Landwirte unterstützen, die von den finanziellen Folgen der Corona-Pandemie und der Afrikanischen Schweinepest betroffen sind.
Im Anschluss an eine Videokonferenz von Handelsunternehmen mit Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) stellte die im baden-württembergischen Neckarsulm ansässige Schwarz-Gruppe die Millionenhilfe in Aussicht. Ab kommendem Jahr sollen die Gelder über die Initiative Tierwohl zur Verfügung gestellt werden. Wie die Unterstützung konkret verteilt werden könne und wie eine Auszahlung im Einzelnen geregelt werden solle, will die Schwarz-Gruppe nun mit der Initiative ausarbeiten.
Die Videokonferenz war nach Demonstrationen von Landwirten vor Zentrallagern des Lebensmitteleinzelhandels anberaumt worden. Klöckner erklärte nach dem Gespräch, es sei wichtig, dass es eine »unmittelbare Verständigung« zwischen Handel und Landwirtschaft gebe. »Es geht um mehr Wertschätzung für Lebensmittel und um Preise, die unseren Bauern eine entsprechende Wertschöpfung ermöglichen.« Konkret habe sie bei den Gesprächen einen Verhaltenskodex angeregt, mit dem sich der Handel eigene Regeln für ein faires Miteinander gibt.
Als »Trostpflaster« bezeichnete der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, das Millionenangebot der Schwarz-Gruppe. »Das ist zwar eine nette Geste und ein Zeichen der Wertschätzung für die Initiative Tierwohl«, so Rukwied. »Aber wegen des andauernden Preiskampfs verlieren unsere Bauern diesen Betrag fast wöchentlich«. Um den Landwirten dauerhaft zu helfen, sei eine klare Selbstverpflichtung des Handels zum Ausstieg aus der »Dauerniedrigpreiskultur« notwendig.
»Eine lächerliche Summe«
Noch schärfere Worte kamen von der Bauerninitiative »Land schafft Verbindung«. Diese kritisierte eine »reine Marketing-Aktion« der Schwarz-Gruppe. Rechnerisch blieben bei 50 Millionen Euro für jeden der bundesweit 260.000 Betriebe nur 192,31 Euro – »eine lächerliche Summe«, erklärte die Organisation. Kritisch sieht »Land schafft Verbindung« zudem, dass die Hilfen über die dem Bauernverband zuzurechnende Initiative Tierwohl ausgezahlt werden soll. Dies führe zu einer weiteren Spaltung der Landwirte.
Die im Jahr 2015 gegründete Initiative Tierwohl unterstützt Landwirte finanziell dabei, über die gesetzlichen Standards hinausgehende Schritte zum Wohl ihrer Nutztiere umzusetzen. Die Umsetzung wird durch die Initiative kontrolliert.
Greenpeace begrüßte die Ankündigung der Schwarz-Gruppe als »richtigen ersten Schritt«, forderte aber zugleich, dass andere Lebensmitteleinzelhändler nun nachziehen müssten. Zudem reiche es nicht aus, »nur gegen die Symptome anzugehen«. Nötig sei ein »Systemwandel«, so die Umweltschutzorganisation. »Der Wettkampf um die billigsten Lebensmittel muss endlich ein Ende nehmen.« Landwirte benötigten vom Handel faire Preise und langfristige Abnahmeverträge für besser produzierte Produkte.