Treffen in Hamburg Gipfel gegen das Flugchaos

Flugzeug hebt ab (Symbolbild)
Foto: Federico Gambarini/DPAWolfgang Grupp, der Chef und Inhaber des schwäbischen Textilherstellers Trigema, geht schon mal mit gutem Beispiel voran. Er werde Flüge innerhalb Deutschlands künftig meiden, kündigte er Mitte dieser Woche an, nachdem er wiederholt schlechte Erfahrungen mit der Lufthansa-Tochter Eurowings gemacht hatte.
Damit erweist sich der knorrige Unternehmer als Trendsetter. Bei ihrem heute in Hamburg stattfindenden Luftfahrtgipfel will die Bundesregierung exakt das predigen, was Grupp nach eigenen Aussagen schon praktiziert: Abstinenz bei Kurzstreckenflügen. Stattdessen sollen die Passagiere verstärkt auf die Bahn umsteigen.
Die Forderung klingt plausibel und wird von Umweltschützern seit Langem propagiert. Nur: Passiert ist bislang zu wenig. Das zeigen Zahlen, die der Anbieter von Flugdaten, OAG, exklusiv für den SPIEGEL ausgewertet und erhoben hat - am Beispiel der Lufthansa und ihrer Töchter Swiss und Austrian Airlines. Demnach erzielt der Konzern mit der Verbindung zwischen seinen beiden Verkehrsdrehscheiben in München und Frankfurt einen Umsatz pro Jahr von fast 300 Millionen Dollar.

Dabei lässt sich die Distanz mit dem Zug schon in gut drei Stunden bewältigen. Selbst die gut 200 Kilometer lange Strecke zwischen München und Stuttgart wird noch bedient und bringt jährlich immerhin gut 30 Millionen Dollar ein. Noch kürzer ist die Distanz zwischen Düsseldorf und Frankfurt, trotzdem schlägt sie im Konzern noch immer mit Einnahmen von etwa 80 Millionen Dollar zu Buche.
Kann die Bahn das zusätzliche Aufkommen bewältigen?
Der Vorschlag der Regierung, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, kommt da, wie es scheint, genau zur richtigen Zeit. Die Lufthansa will ihr Zug-zum-Flug-Angebot mit der Bahn in den kommenden Monaten ohnehin von bislang acht auf 20 Städte ausweiten. Fraglich ist nur, ob die Bahn das zusätzliche Aufkommen auch bewältigen kann. Vom nächsten Jahr an muss sie einen Teil ihrer Hochgeschwindigkeitsstrecken erneuern. Auf der Strecke von Frankfurt nach Hamburg erhöht sich die Fahrtzeit um eine Dreiviertelstunde. Die Verbindung zwischen Hannover und Göttingen wird sogar über ein halbes Jahr komplett stillgelegt.
Jetzt rächt sich, dass die Bundesregierung jahrelang zugesehen hat, wie das Staatsunternehmen systematisch kaputtgespart wurde. Nun soll ausgerechnet die Bahn das Chaos im Luftraum beseitigen. Ein Teil der gebuchten Plätze bei Flügen in die beiden großen Hubs Frankfurt und München ist mit Anschlussreisenden belegt - sie fliegen etwa von Berlin oder Hamburg über die Drehkreuze in die USA oder nach Asien.
Ein weiteres Thema auf dem Luftfahrtgipfel wird auch die Zukunft der Deutschen Flugsicherung sein. Die europäische Flugsicherung Eurocontrol erwartet, dass die Anzahl der Flüge, die mit bis zu zwei Stunden Verspätung starten, bis 2040 um das Siebenfache steigen wird. Fluglotsen sollen deshalb von Sonderaufgaben entlastet und flexibler eingesetzt werden können.
Auch das Thema Sicherheitskontrollen soll beim Luftfahrtgipfel zur Sprache kommen. Hier ist Deutschland ebenfalls weit abgeschlagen. Weil hierzulande noch immer die Bundespolizei für das Screening der Passagiere zuständig ist und dafür private Dienstleister sowie teilweise veraltetes Gerät einsetzt, dauert die Fummelei unnötig lange. So können beispielsweise in Amsterdam pro Stunde und Spur im Schnitt 185 Passagiere gecheckt werden, in Madrid sogar 200. In Köln sind es dagegen nur 85 bis 110.