Rettungspaket Scholz buhlt um Zustimmung der Lufthansa-Aktionäre

Der Bund will die Lufthansa retten und dafür bei der Airline einsteigen – kurz vor der Hauptversammlung werben Finanzminister Scholz und Wirtschaftsminister Altmaier bei den Anlegern für das Angebot.
Lufthansa-Logo in Frankfurt: Rekapitalisierungshilfen in Höhe von sechs Milliarden Euro

Lufthansa-Logo in Frankfurt: Rekapitalisierungshilfen in Höhe von sechs Milliarden Euro

Foto: DANIEL ROLAND/ AFP

Kurz vor der Entscheidung der Lufthansa-Aktionäre über den Staatseinstieg haben Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) abermals für das Angebot des Bundes geworben. "Es liegt ein gutes Angebot auf dem Tisch, die Lufthansa-Aktionäre sollten es annehmen", sagte Scholz. Der Bund biete der Lufthansa und ihren mehr als einhunderttausend Beschäftigten "in einer beispiellosen Notlage" Unterstützung an, das Hilfspaket wahre zugleich "die berechtigten Interessen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler."

Zuvor hatte die EU-Kommission das Rettungspaket genehmigt. Die Freigabe der Rekapitalisierungshilfen in Höhe von sechs Milliarden Euro unterliegt allerdings der Bedingung, dass die größte deutsche Fluggesellschaft Verpflichtungen zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen einhält. Zu diesen zählt, dass die Lufthansa Start- und Landerechte an den Hauptstandorten Frankfurt am Main und München abgeben muss. Dies soll es der Konkurrenz ermöglichen, eine Basis mit bis zu vier Flugzeugen an den Standorten aufzubauen.

Altmaier begrüßte die Entscheidung der EU-Kommission. "Damit ist der Weg für das Unterstützungspaket frei", sagte er. Es sei "richtig und wichtig", dem von den Folgen der Corona-Pandemie schwer getroffenen Unternehmen zu helfen: "Es geht um über Hunderttausend Arbeitsplätze und es geht um Deutschlands Position auf den Weltmärkten."

Auch Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley warb für das staatliche Rettungspaket. Ohne Unterstützung drohe der Lufthansa in den kommenden Tagen die Insolvenz, sagte Kley in der virtuell abgehaltenen Hauptversammlung. "Wir haben kein Geld mehr." Die Aktionäre bat er um Zustimmung, damit die Lufthansa an ihre früheren Erfolge wieder anknüpfen könne.

Lufthansa-Aktionäre entscheiden über Staatsbeteiligung

Der Rettungsplan für die Lufthansa sieht vor, dass der Staat bei der angeschlagenen Airline einsteigt. Konkret soll der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) im Zuge einer Kapitalerhöhung Aktien zeichnen, um eine Beteiligung von 20 Prozent am Grundkapital der Fluggesellschaft aufzubauen. Zudem sind stille Einlagen von insgesamt bis zu 5,7 Milliarden Euro sowie ein Kredit in Höhe von bis zu drei Milliarden Euro geplant. Letzterer unterliegt allerdings nicht den Auflagen und war grundsätzlich bereits im März genehmigt worden.

Notwendig sind die Hilfen für die Lufthansa, weil die Corona-Pandemie mit den folgenden Reisebeschränkungen die Geschäfte des Unternehmens mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gebracht hat. In dem Konzern mit rund 138.000 Beschäftigten stehen deswegen Zehntausende Arbeitsplätze auf der Kippe. Der weltweite Personalüberhang wurde zuletzt auf 22.000 Stellen beziffert. Davon entfallen rund 11.000 Stellen auf Deutschland.

Die Lufthansa-Aktionäre sollen an diesem Donnerstag auf einer außerordentlichen Hauptversammlung darüber entscheiden, ob sie den Staat für rund 300 Millionen Euro als Anteilseigner einsteigen lassen wollen oder nicht. Indirekt urteilen sie damit auch über das gesamte Rettungspaket von neun Milliarden Euro: Platzt der Staatseinstieg ins Grundkapital, ist auch das übrige Rettungspaket aus stiller Beteiligung und KfW-Kredit erst einmal hinfällig. 

Kritik am Vorgehen von Großaktionär Thiele

Nachdem der größte Lufthansa-Aktionär, der Milliardär und Industrielle Heinz Hermann Thiele, nun doch noch seine Zustimmung angekündigt hat, wird jedoch mit grünem Licht gerechnet. Thiele hält rund 15 Prozent der Lufthansa-Aktien und hat wegen der bereits feststehenden geringen Beteiligung von weniger als 38 Prozent der Stimmrechte eine Sperrminorität bei der Entscheidung. Zuvor hatte er das Paket kritisiert. Den geplanten Staatseinfluss hielt er für zu groß, den Preis für die Beteiligung zu hoch und das Ausstiegsszenario fast unerfüllbar.

Die Grünen-Wirtschaftspolitikerin Katharina Dröge kritisierte das Vorgehen Thieles scharf. "Ich fand es absolut unverständlich und auch unverantwortlich, was Herr Thiele gemacht hat. Für mich wirkte das wie ein Erpressungsversuch, dass er quasi die Insolvenz des Konzerns in den Raum gestellt hat, um noch mal Druck zu machen und Nachverhandlungen durchzusetzen", sagte Dröge im Deutschlandfunk. Es sei aber ein gutes Signal, dass er damit erst mal keinen Erfolg hatte. Der Staat sei ein besserer Unternehmer als Thiele. Der Hauptaktionär habe ohne Rücksicht auf die 138.000 Beschäftigten spekuliert. "Das würde der Staat anders machen."

Krisenpaket für die Flugbegleiter

Derweil einigten sich das Unternehmen und die Gewerkschaft UFO in der Nacht zum Donnerstag auf ein Krisenpaket für die Flugbegleiter mit Einsparungen von mehr als einer halben Milliarde Euro. Das Paket umfasst UFO zufolge einen vierjährigen Kündigungsschutz sowie ein Einsparvolumen von über einer halben Milliarde Euro bis Ende 2023. Die Lufthansa teilte mit, unter anderem würden Vergütungsanhebungen ausgesetzt sowie die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung zeitweise reduziert.

Auch mit dem Bodenpersonal sollen Sparbeiträge beschlossen werden. Die Verhandlungen mit der Gewerkschaft Ver.di liefen jedoch schleppend, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr auf der Hauptversammlung. Während man mit den Piloten in guten Gesprächen sei und mit der Kabinengewerkschaft Ufo bereits eine Vereinbarung getroffen habe, verliefen die Verhandlungen mit Verdi "enttäuschend", sagte Spohr. Es müssten schnell große Fortschritte erzielt werden, wenn nicht der Personalüberhang am Boden in betriebsbedingte Kündigungen münden solle. Die Gespräche sollen laut Gewerkschaft am Freitag fortgesetzt werden.

kko/dpa
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