Chaos in der Luftfahrt Lufthansa streicht noch mehr Flüge

Vor allem kurze Flüge am späten Nachmittag und abends sollen aus dem Plan genommen werden
Foto: Sebastian Gollnow / dpaWegen der angespannten Lage im Flugverkehr hat die Lufthansa weitere Flüge an ihren Drehkreuzen Frankfurt und München gestrichen. Von diesem Freitag bis einschließlich Donnerstag nächster Woche (8.-14. Juli) soll so der Flugplan der übrigen Verbindungen stabilisiert werden, sagte ein Unternehmenssprecher.
Die genaue Zahl der Streichungen stehe noch nicht fest. Es würden vor allem kurze Flüge am späten Nachmittag und abends aus dem Plan genommen, da die Flugzeuge über den Tag hinweg immer mehr Verspätungsminuten ansammelten.
Lufthansa hatte bereits zuvor in zwei Wellen mehr als 3000 Flüge für die Monate Juli und August abgesagt.
Besonders am Flughafen Frankfurt gibt es wegen Personalmangel Engpässe bei der Bodenabfertigung der Flugzeuge, von denen zunehmend auch die Frachttochter Lufthansa Cargo betroffen ist.
Das Tochterunternehmen bestätigte, dass für das Wochenende vier Frachtflüge nach München verlegt worden sind. Der zwischenzeitlich geltende Stopp für den Transport lebender Tiere an Bord soll hingegen wieder aufgehoben werden.
»Jetzt müssen wir erst mal den Schlamassel in den Griff kriegen«
Unterdessen hat der Chef des Lufthansa-Aufsichtsrats die Mitarbeiter aufgerufen, die bestehenden Abfertigungs- und Serviceprobleme gemeinsam anzugehen. »Jetzt müssen wir erst mal den Schlamassel in den Griff kriegen«, sagte Karl-Ludwig Kley nach einer Sondersitzung des Aufsichtsrates in einem Interview, das im Lufthansa-Intranet veröffentlicht wurde.
Kley sprach sich dagegen aus, jetzt gegenseitig die begangenen Fehler aufzurechnen. »Ich kann im Sinne des Ganzen (…) nur an alle Beteiligten appellieren, pragmatisch und kurzfristig Lösungen zu finden. Über das Grundsätzliche können wir dann wieder reden, wenn die Zeitenwende sich eingeschwungen hat.«
Die Sondersitzung des Kontrollgremiums war von den Arbeitnehmervertretern beantragt worden. Gewerkschaftsvertreter und Betriebsräte hatten im Umfeld harte Kritik am Krisenmanagement des Vorstands geübt. So seien Mitarbeiter noch mit Kündigungen bedroht worden, als sich die höhere Flugnachfrage längst abgezeichnet habe.
Kley räumte Fehler bei der Personalstrategie ein und zeigte Verständnis für die hohen Belastungen, denen das Personal wegen der zahlreichen Verspätungen und Flugausfälle ausgesetzt ist.
Der Aufsichtsratschef schilderte die Probleme im Luftverkehr als vielfältig und zudem branchenweit. Das sei in der Sitzung auch anerkannt worden.
Kley sagte: »Einen Tag fällt das weltweite Reservierungssystem aus, am nächsten ist der französische Luftraum gesperrt. Und alles kommt immer oben drauf. Dafür gibt es keine Zauberformel, nur harte Arbeit im Detail.«
Unterdessen bereiten die Dienstleister für Passagier- und Gepäckkontrollen Maßnahmen vor, um die Situation an den Flughäfen zu entschärfen. Sie wollen wegen des aktuellen Flugchaos mehr Personal einstellen.
»Wir haben zwischen 90 und 95 Prozent des Personals, das wir Ende 2019 an Bord hatten, auch jetzt wieder an Bord«, sagte Udo Hansen, Präsident des Bundesverbands der Luftsicherheitsunternehmen. Das sei grundsätzlich genug Personal angesichts der Tatsache, dass der Verkehr noch bei etwa 70 Prozent des Vor-Corona-Niveaus liege. Die Branche sei aber sehr bemüht, wieder hundert Prozent Personalstärke zu erreichen. Suche und Ausbildung dauerten aber mehrere Monate.
Weil die Passagierzahlen stark gestiegen sind, hatte es in den vergangenen Wochen immer wieder Schwierigkeiten an den Flughäfen gegeben. Trotz der günstigen Zahlenverhältnisse in der Luftsicherheitskontrolle könne es an Spitzentagen an der einen oder anderen Stelle haken, sagte Hansen. Der Krankenstand sei mit durchschnittlich 20 Prozent doppelt so hoch wie üblich.
»Für Überlastung an Flughäfen sind wir nicht verantwortlich«, sagte Hansen. Die Personalstärke beruhe auf Ausschreibungen der Bundespolizei.
Lediglich für zehn bis 15 Spitzentage im Jahr reichten Kontrollspuren und Personal nicht aus. Man richte aber auch die Zahl der Fahrspuren auf einer Autobahn nicht nach wenigen Spitzentagen aus.