Bis zu tausend Vollzeitstellen könnten entfallen Tarifverträge bei Lufthansa gekündigt – Pilotenstreit spitzt sich zu

Wegen der Coronakrise gelten für Lufthansa-Piloten noch bis Ende März Kurzarbeitsregelungen. Das Unternehmen will künftig mit weniger Flugzeugen auskommen – und erhöht nun den Druck auf die Beschäftigten.
Lufthansa-Maschinen auf dem Flughafen Frankfurt am Main

Lufthansa-Maschinen auf dem Flughafen Frankfurt am Main

Foto: Boris Roessler / dpa

Bei der coronagebeutelten Lufthansa spitzt sich der Konflikt um überzähliges Cockpitpersonal weiter zu. Der Konzern hat eine Vereinbarung mit der Vereinigung Cockpit (VC) gekündigt, mit der eine Flotte von mindestens 325 Flugzeugen bei der Lufthansa-Kerngesellschaft garantiert worden war. Auch die damit verbundenen Beschäftigungszusagen für rund 5000 Pilotinnen und Piloten sind hinfällig. Umgekehrt teilte die Gewerkschaft mit, dass sie ihrerseits den Gehaltstarifvertrag bei der Kerngesellschaft zum 30. Juni 2022 gekündigt hat.

Damit werden Pilotenstreiks ab Jahresmitte wieder möglich sein. Die Parteien verhandeln seit Monaten über die Frage, wie mit dem Personalüberhang aus der Coronakrise umzugehen ist. Der Konzern will seine Flotte dauerhaft von 760 auf 650 Flugzeuge verkleinern, auch die Kernmarke soll schrumpfen. »Die Flottenzusage haben wir nun gekündigt, weil wir diese nicht aufrechterhalten können. Absehbar wird es weniger Nachfrage geben«, sagte ein Unternehmenssprecher. Zuerst hatte die Plattform »Aerotelegraph« über die aufgekündigte Vereinbarung berichtet.

»Dauerhafte Gehaltskürzungen«

Bis Ende März gelten für die Piloten noch Kurzarbeitsregelungen. Für die Zeit danach hat Lufthansa aber Entlassungen für den Fall angekündigt, dass nicht andere Modelle etwa über Teilzeit gefunden werden. Laut Lufthansa-Chef Carsten Spohr müssen bis zu tausend Vollzeitstellen eingespart werden. »Lufthansa geht in den Verhandlungen sehr aggressiv vor und will dauerhafte Gehaltskürzungen durchsetzen«, sagte VC-Tarifvorstand Marcel Gröls.

Die Lufthansa Group wolle offensichtlich gerade die Beschäftigtengruppe unter Druck setzen, die bisher den größten Krisenbeitrag für den Konzern geleistet habe, so VC-Präsident Stefan Herth. Man habe sich zu großen Einschnitten bereit erklärt, um die Lufthansa zu stabilisieren. Dass die abgesenkten Bedingungen nun über die Krise hinaus verstetigt werden sollten, lehne die VC klar ab. Man müsse eine übergreifende Lösung für alle Airlines im Lufthansa-Konzern suchen.

Eng werden könnte es für die rund 390 Piloten der abgewickelten Tochter Germanwings. Dort ist ein Interessenausgleich gescheitert, und Geld für Abfindungen ist nach dem Beschluss der Einigungsstelle nicht vorhanden, wie die Lufthansa bestätigte. Zuerst hatte der SPIEGEL darüber berichtet . Der Konzern sei weiterhin bestrebt, den Kollegen Perspektiven in den Cockpits anderer Gesellschaften anzubieten, sagte der Konzernsprecher. Etwa 150 Germanwings-Kapitäne könnten zudem wieder in ihre Lufthansa-Stellen zurückkehren, wenn dort eine Einigung mit der VC gelinge.

jso/dpa

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