Facebook-Chef über Hassbotschaften "Einfacher, ein System zu entwickeln, das eine Brustwarze erkennt"

Nach guten Geschäftszahlen geht Mark Zuckerberg rhetorisch in die Offensive. Der zuletzt so demütig auftretende Facebook-Chef macht im Gespräch mit Analysten ein provokantes Statement.
Mark Zuckerberg

Mark Zuckerberg

Foto: Stephen Lam/ REUTERS

Bei seiner Anhörung vor dem US-Kongress trug Mark Zuckerberg zuletzt Hemd und Anzug. Da er gewöhnlich nur graue T-Shirts trägt, wurde der neue Kleidungsstil rasch zum Büßergewand tituliert - obwohl er sich auch schon bei ganz anderen Anlässen in Schale geworfen hatte. So oder so scheint der Facebook-Chef die Rolle des Büßers allmählich satt zu haben.

Wie es bei der Vorstellung von Quartalszahlen großer Firmen üblich ist, hielt Facebook am Mittwoch eine Telefonkonferenz mit Analysten ab, mit Experten also, die die Performance seines Unternehmens professionell beurteilen und Anlegern auf der Basis dieser Urteile die mögliche Entwicklung der Facebook-Aktien vorhersagen.

Bei eben dieser rituellen Telefonkonferenz betonte Zuckerberg ein weiteres Mal, wie wichtig es ihm sei, den gesellschaftlichen Schaden, den sein Unternehmen verursacht hat, wieder gutzumachen. Und dass man in den vergangenen Jahren zu wenig Verantwortung übernommen habe.

Er sagte aber auch noch etwas anderes.

"Es ist viel einfacher, ein System auf Basis künstlicher Intelligenz zu entwickeln, das eine Brustwarze erkennt, als sprachwissenschaftlich zu entscheiden, was eine Hassbotschaft ist", beteuerte der Facebook-Chef.

Es war eine direkte Reaktion auf Kritik, interessierte Gruppen würden sein soziales Netzwerk für Hasskampagnen missbrauchen. Weder die Wortwahl noch die Situation, in der sich Zuckerberg äußerte, dürften zufällig gewesen sein. Aber was genau wollte der 33-Jährige eigentlich sagen?

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Wollte er zugeben, dass sowohl er als auch alle anderen sozialen Medien gegen Hetzbotschaften im Prinzip machtlos sind? Wohl kaum. Schließlich hatte Facebook zuletzt erste Erfolge beim Löschen von Hassnachrichten vermeldet. Zuckerberg wollte wohl eher ironisch verdeutlichen, dass die Erwartungen an ihn, derartige Probleme rasch zu lösen, schlicht überzogen sind.

In jedem Fall aber war es das erste Mal seit der Anhörung vor dem US-Kongress, dass der Facebook-Chef so deutlich in die Offensive geht.

Ein Grund dafür dürften die starken Geschäftszahlen gewesen sein. Der Umsatz stieg im ersten Quartal im Jahresvergleich um 49 Prozent auf 11,97 Milliarden Dollar. Der Gewinn sprang um 64 Prozent auf 4,99 Milliarden Dollar. Die Zahlen übertrafen die Erwartungen der Analysten - die Aktie legte nachbörslich um fast vier Prozent zu.

Dass der Datenskandal sich bislang nicht auf Facebooks Geschäftszahlen auswirkt, ist kaum überraschend. Die Kontroverse um die Weitergabe von Nutzerdaten an die Firma Cambridge Analytica entbrannte schließlich erst wenige Tage vor dem Ende des Quartals im März. Wenn es Auswirkungen gibt, würden sie erst im laufenden Vierteljahr richtig zur Geltung kommen.

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Doch Facebook hat auch generell betont, man habe nach Aufrufen zum Verlassen der Plattform keinen bedeutenden Rückgang der Aktivität festgestellt. Das belegt auch die durchschnittliche Zahl täglich aktiver Nutzer im März: Sie lag bei 1,45 Milliarden nach 1,4 Milliarden im Dezember 2017.

Zuckerberg sieht sich offenbar ermutigt, wieder selbstbewusster aufzutreten. Vor allem vor Analysten, in deren Augen allzu viel Demut auch als Zeichen von Schwäche gesehen werden könnte.

Bei dem Telefonat mit den Experten betonte der Facebook-Chef denn auch noch, dass er trotz aller Anstrengungen zur Verbesserung der Plattform nicht weniger in den Ausbau seiner Geschäfte investieren werde.

ssu
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