»Dem Amt nicht angemessen« Medienhäuser üben offene Kritik an Verlegerpräsident Döpfner

Springer-Chef Döpfner: Harsche Kritik aus den eigenen Reihen
Foto: Christoph Hardt / Future Image / IMAGOAus Medienhäusern mehrt sich öffentliche Kritik an Zeitungsverlegerpräsident und Springer-Chef Mathias Döpfner. Anlass für den Unmut ist eine ältere private Kurznachricht Döpfners, aus der die »New York Times« zitiert hatte. Der 58-Jährige hatte darin den damaligen »Bild«-Chefredakteur Julian Reichelt als letzten und einzigen Journalisten in Deutschland bezeichnet, der noch mutig gegen den »neuen DDR-Obrigkeitsstaat« aufbegehre. Fast alle anderen seien zu »Propaganda Assistenten« geworden.
Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Madsack Mediengruppe, Thomas Düffert, sagte der Nachrichtenagentur dpa: »Die aus einem privaten Umfeld heraus nun öffentlich gewordenen Aussagen von Herrn Döpfner sind für alle Journalistinnen und Journalisten der Madsack Mediengruppe und sicherlich auch darüber hinaus eine unangemessene und verfehlte Herabsetzung.« Die Madsack Mediengruppe ist mit ihren Zeitungstiteln in Norddeutschland, aber insbesondere auch in vielen ostdeutschen Bundesländern journalistisch stark engagiert.
»Mittlerweile wurden die Aussagen vom Axel-Springer-Verlag relativiert und entsprechend eingeordnet«, so Düffert weiter. »Grundsätzlich sollte jedoch auch in privaten Diskussionen kein Zweifel an der Integrität und Unabhängigkeit der Redaktionen der Zeitungsverlage aufkommen, sondern diese gerade gegen derartige Vorwürfe verteidigt werden.« Der Springer-Konzern hatte die Kurznachricht als Ironie eingeordnet.
Auch die Funke Mediengruppe, die mehrere Regionalzeitungen in mehreren Bundesländern im Portfolio hat, hatte sich zu der Döpfner-SMS geäußert. Das Medienmagazin »Übermedien« zitierte Funke-Geschäftsführer Christoph Rüth. Dieser sagte demnach, Springer habe die Aussagen Döpfners eingeordnet und festgestellt, dass er die Bundesrepublik auch in Coronazeiten keineswegs für vergleichbar mit der DDR halte. »Allem anderen hätten wir auch klar widersprochen.« Die Formulierung »Propaganda-Assistenten« sei »völlig unpassend«, sagte Rüth. »So ein Gedanke und eine derartige Tonlage sind dem Amt eines BDZV-Präsidenten nicht angemessen.«
Die Aussagen sorgen für Rücktrittsforderungen
Am Mittwoch war Döpfner in einer Videobotschaft an die Springer-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter unter anderem auch auf die Kurznachricht eingegangen. Er sagte: »Eine private SMS ist kein Tweet, ist kein Post, ist keine öffentliche Rede. Und wenn man in einer privaten Unterhaltung aus dem Zusammenhang gerissen etwas zitiert, dann unterschlägt man Polemik, Ironie, Übertreibung.« Er lege Wert darauf, dass das privat sei und nicht wie ein Zitat behandelt werde. »Das ist doch eine Grenzüberschreitung«, sagte der Springer-Chef.
Nun kam wegen der Döpfner-SMS aus Medienhäusern auch das Thema Rücktritt auf. Der Verlagsleiter des »Mindener Tageblatts«, Carsten Lohmann, sagte dem Deutschlandfunk: »Ich finde, dass jemand, der oberster Repräsentant der Tageszeitungen in Deutschland ist, mit so einer Aussage nicht mehr haltbar ist.« Der Chefredakteur des Magazins »Stern«, Florian Gless, schrieb in einer Kolumne den Schlusssatz: »Mathias Döpfner sollte von allen Posten und Ämtern zurücktreten.«
Nach dem Erscheinen des »New York Times«-Artikels hatte Springer am Montagabend bekannt gemacht, dass »Bild«-Chefredakteur Julian Reichelt von seinen Aufgaben entbunden wird.