Megaupload-Gründer Kim Schmitz Endstation Panikraum

Jetzt wird es eng für Kim Schmitz, alias Kim Dotcom. Ermittler haben den früheren Internet-Star und Betreiber von Megaupload in Neuseeland festgenommen. Zum Schluss verbarrikadierte er sich in seiner Luxusbehausung.
Megaupload-Gründer Kim Schmitz: Endstation Panikraum

Megaupload-Gründer Kim Schmitz: Endstation Panikraum

Foto: David Rowland/ dpa

Hamburg - So einfach wollte Kim Schmitz sich nicht geschlagen geben. Als 80 Beamte von neuseeländischer Polizei und FBI seine "Villa Dotcom" in Auckland stürmten, flüchtete der Internetunternehmer in einen Panikraum. Schmitz habe dann eine Reihe elektronischer Schlösser betätigt und sich verbarrikadiert, berichtet der leitende Beamte Grant Wormald. Die Polizisten mussten sich den Weg freischneiden, um Schmitz festnehmen zu können.

Bei der Razzia machten sie dann einige interessante Entdeckungen: Die Beamten stießen auf eine abgesägte Flinte und mehrere Luxusautos, darunter ein rosa Cadillac, zwei edle Geländewagen von Mercedes und eine getunte S-Klasse. Gesamtwert der Nobelkarossen: 3,7 Millionen Euro. Die Fahrzeuge haben eigentümliche Nummernschilder, auf einem steht "MAFIA", auf einem anderen "CEO", der englische Begriff für Vorstandschef.

Schmitz und drei weitere Männer wurden bereits dem Haftrichter vorgeführt. Der lehnte eine Freilassung auf Kaution ab. Die US-Behörden verlangen die Auslieferung, sie werfen Schmitz' Internetbörse Megaupload Verstöße gegen Gesetze zum Schutz des Urheberrechts vor. Das Unternehmen soll mit illegal kopierten Filmen und anderen Daten einen Schaden von mindestens 500 Millionen Dollar verursacht haben. Megaupload weist die Vorwürfe als "grotesk übertrieben" zurück.

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Megaupload: Der Millionär und sein Fuhrpark

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Durch die Klage kehrt ein Mann zurück auf die öffentliche Bühne, der einst zu den schillerndsten Protagonisten der deutschen New Economy zählte. Schmitz ließ sich in den neunziger Jahren als genialer Hacker feiern, später sorgte er mit Internetfirmen für Aufsehen, die zunächst massiv an Wert gewannen, von denen einige später aber pleitegingen. Schmitz prahlte einmal, er werde zu den reichsten Männern der Welt zählen. Seine Begründung: "Ich bin klüger als Bill Gates."

Mit solchen Sprüchen wurde der Zwei-Meter-Mann schnell zur Reizfigur. Neben den unzähligen Geschäftsideen wie Data Protect oder als Geldgeber von Projekten wie der Plattform Letsbuyit.com machte er vor allem mit seinem exzessiven Lebensstil Schlagzeilen. Seine Lebenshaltungskosten bezifferte Schmitz 2001 auf schlappe fünf Millionen Dollar pro Jahr. Er zeigte sich gern mit schönen Frauen und schnellen Autos und feierte protzige Partys. Mehrmals fuhr Schmitz bei der illegalen Autorallye Gumball 3000 mit - einer 3000-Meilen-Tour über drei Kontinente. Und das in gerade mal acht Tagen. 2001 gewann Schmitz das verrückte Rennen sogar, auch wenn er dafür mit 250 Stundenkilometern vor der Polizei flüchten musste.

Laut "Vanity Fair" schloss er einmal vor dem Rennen mit zwei weiblichen Fahrerinnen eine Wette ab: Wenn diese vor ihm durchs Ziel gingen, würde er ihnen jeweils 500.000 Pfund zahlen. Doch wenn er gewinne, müssten beide mit ihm ins Bett gehen.

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"Ich gebe das Geld lieber aus und habe 'ne Menge Spaß"

Als deutsche Medien zunehmend kritisch über seine Geschäfte berichteten, klagte Schmitz im Februar 2001 dem Late-Night-Talker Harald Schmidt sein Leid: "Ich liefere viel Angriffsfläche, aufgrund meines Lifestyles und meiner offenen Art, mit meinem Erfolg umzugehen." Dabei habe er einfach eine andere Einstellung zu Geld: "Manch einer hortet sein Geld für seine Erben. Ich gebe es lieber aus und hab' 'ne Menge Spaß."

So protzig und selbstgerecht das auch klingen mag - Bekannte schildern Schmitz, der sich mittlerweile Kim Dotcom nennt, als durchaus umgänglichen Typen. "Er ist lustig, freundlich und man kann mit ihm sehr gut Party machen", erzählt der Verlagsmanager Enno Lenze SPIEGEL ONLINE. Der Berliner kennt Schmitz nach eigenen Angaben "aus alten Hackerzeiten". "Natürlich hat er immer raushängen lassen, wie reich er ist. Kim hat andere aber nicht niedergemacht, wenn sie weniger Kohle hatten, sondern einfach alles bezahlt."

Die Freundschaft habe aber immer eine klare Grenze gehabt, erinnert sich Lenze. "So gerne ich ihn mochte: In seine Firmen hätte ich nie auch nur einen Cent investiert."

Selbstmord im Internet angekündigt

Als Schmitz Deutschland verließ, sei der Kontakt abgebrochen. Von gemeinsamen Bekannten erfuhr Lenze, dass Schmitz in ein tiefes Loch fiel. "Auf einmal wollten 99 Prozent seines Freundeskreises nichts mehr mit ihm zu tun haben und auch mit Geld ließ sich nicht mehr alles regeln."

Auf seiner Web-Seite kündigte Schmitz seinen eigenen Selbstmord an, am 21. Januar 2002, seinem 28. Geburtstag, natürlich live im Internet. Für Lenze war das ein "Schrei nach Aufmerksamkeit".

Später hob er dann Megaupload aus der Taufe. Auch auf seinem Multimillionen-Anwesen in Neuseeland liebte Schmitz offenbar den großen Auftritt. Als der Polizeihubschrauber am Donnerstag über der Villa kreiste, hielt eine Anwohnerin diesen zunächst für den privaten Helikopter des extravaganten Nachbars. Die Frau erzählte dem "New Zealand Herald", sie habe gedacht, Schmitz fliege mal wieder zum Frühstücken. "Das macht er manchmal so."

Mit Material von AFP

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