Überstunden-Zoff Microsoft-Mitarbeiter beklagen Druck auf Betriebsräte

Microsoft in Berlin: Streit über Arbeitszeiterfassung
Foto: Britta Pedersen/ dpaHamburg - Vor kurzem ist Microsoft zu einem der beliebtesten Arbeitgeber der Welt gekürt worden. In der Rangliste des Great Place to Work Instituts landete der Konzern auf Platz vier. Nur Google und zwei kleinere IT-Firmen schnitten besser ab. Doch in Deutschland hat das Unternehmen Ärger mit seinen Beschäftigten. Hintergrund ist das Aus für die Standorte in Hamburg, Böblingen und Bad Homburg. In den drei Niederlassungen arbeiten derzeit rund 500 der insgesamt 2700 Mitarbeiter des Software-Konzerns in Deutschland.
Künftig sollen sie das zu Hause tun. Homeoffice lautet das Zauberwort, mit dem Microsoft die Schließung der Standorte begründete. Eine Microsoft-Sprecherin sagte, Heimarbeit ermögliche eine flexiblere Work-Life-Balance. Bereits jetzt arbeite die Hälfte der Beschäftigten zu Hause. Manche Microsoft-Beschäftigte halten diese Argumente allerdings für vorgeschoben. Sie kritisieren die Unternehmensführung für die Standortschließungen und werfen ihr vor, unbequeme Betriebsräte loswerden zu wollen.
"Microsoft verstößt seit Jahren massiv gegen Arbeitsrecht", sagte ein Mitarbeiter SPIEGEL ONLINE. Die Arbeitszeit werde bislang nicht systematisch erfasst, viele Beschäftigte arbeiteten 50 bis 60 Stunden pro Woche. Der Grund: ehrgeizige Zielvorgaben, die Überstunden unausweichlich machen. Bislang könnten diese aber weder abgefeiert noch abgerechnet werden.
Der Bad Homburger Betriebsrat legte deshalb im Frühjahr einen Entwurf für eine Arbeitszeitregelung vor. Doch statt einer Einigung gab die Geschäftsleitung im Juli bekannt, die Standorte zu schließen. In Böblingen läuft der Mietvertrag bereits Ende dieses Jahres aus, in Bad Homburg und Hamburg soll es 2014 beziehungsweise 2015 so weit sein.
"Sehr zufrieden mit der Vertrauensarbeitszeit"
Microsoft weist die Kritik der Mitarbeiter zurück. Sprecher Thomas Mickeleit sagte auf Anfrage, bei den Standortschließungen handele es sich um eine strategische Entscheidung. "Microsoft konzentriert sich künftig auf München, Köln und Berlin." Es gehe nicht darum, Kosten zu sparen, man wolle den Mitarbeitern flexiblere Arbeitszeiten ermöglichen. Auch den Vorwurf, Betriebsräte wegen des Überstundenstreits loswerden zu wollen, wies Mickeleit zurück. "Unsere Mitarbeiter sind sehr zufrieden mit der Vertrauensarbeitszeit."
Die Kritiker sehen das anders. Sie beklagen, dass mit dem bestehenden Modell der ganze Druck auf den Beschäftigten laste. "Das ist kein vernünftiger Umgang mit Mitarbeitern."
Für Ärger sorgt zudem, dass Microsoft auch künftig Büroräume für Treffen mit Kunden anmieten wolle. "Da sollen dann aber nie mehr als vier Mitarbeiter beschäftigt sein", erzählt einer der Kritiker. Der Grund sei: Ab fünf Beschäftigten könne das Team einen lokalen Betriebsrat gründen. Darauf angesprochen, verweist Mickeleit auf "laufende Verhandlungen". "Da ist noch nichts entschieden", so der Microsoft-Sprecher.