Patentstreit Microsoft zieht Logistikzentrum aus Deutschland ab

Aus Sorge vor Verkaufsverboten verlagert Microsoft ein großes Logistikzentrum von Deutschland in die Niederlande. Hintergrund ist ein Patentstreit mit dem Handy-Hersteller Motorola. Experten warnen, die deutsche Patent-Rechtssprechung schade dem Wirtschaftsstandort.
Microsoft-Deutschland-Zentrale bei München: Patentkonflikt mit Motorola

Microsoft-Deutschland-Zentrale bei München: Patentkonflikt mit Motorola

Foto: Frank_Mächler/ picture-alliance / dpa

Berlin - Der Patentstreit zwischen Tech-Firmen trifft nun auch den Standort Deutschland. Als erstes großes Unternehmen zieht Microsoft   deshalb einen Teil seines Geschäftes aus der Bundesrepublik ab. Ausdrücklich verwies die Firma dabei auf Patentstreitigkeiten vor deutschen Gerichten. Die europäische Distributionszentrale werde in die Niederlande umziehen, teilte Microsoft mit. Von der Abwanderung sollen knapp hundert Arbeitsplätze betroffen sein.

Bislang nutzt Microsoft für den Vertrieb seiner Produkte den Logistik-Dienstleister Arvato, der zum Bertelsmann-Konzern gehört. Am Standort in Nordrhein-Westfalen werden diverse Microsoft-Produkte von Software bis hin zu Xbox-Konsolen umgeschlagen.

Der Konzern nannte zur Begründung des Umzugs den Patentkonflikt mit dem Handy-Hersteller Motorola  : Das Risiko, dass infolge eines verlorenen Patentverfahrens in Deutschland Produkte in Nordrhein-Westfalen festgehalten würden, sei zu groß. In den Niederlanden haben auch andere Unternehmen wie Samsung   oder Sony   große Logistik-Standorte in Hafennähe.

Microsoft streitet sich mit Motorola in mehreren Verfahren vor deutschen Gerichten. Am Landgericht Mannheim etwa läuft ein Verfahren, in dem eine Motorola-Tochter dem Windows-Konzern die Verletzung von Patenten für ein Kodierungssystem vorwirft. Dieses kommt in Programmen und Geräten von Microsoft zum Einsatz. Ein Urteil wird am 17. April erwartet.

Zentraler Schauplatz für Patentkonflikte

Deutschland ist in den vergangenen Monaten zu einem zentralen Schauplatz von Patentkonflikten in der Technologiebranche geworden. Es laufen diverse Prozesse zwischen großen Unternehmen wie Apple  , Samsung, Microsoft, Motorola oder HTC.

In Deutschland sei die Rechtsprechung rund um Industriestandard-Patente "so einseitig zu Gunsten der Patentinhaber wie in keinem vergleichbaren Land", sagte der Patentexperte Florian Müller. "Das lässt zwar bei deutschen Gerichten und Kanzleien die Kassen klingeln, schadet aber unter dem Strich dem Wirtschaftsstandort Deutschland."

Patentverfahren in den Niederlanden haben gezeigt, dass die Gerichte dort nicht so schnell zu Verkaufsverboten greifen wie in Deutschland - insbesondere, wenn es wie im Fall des strittigen Kodierungssystems um Patente geht, ohne die ein technischer Standard nicht umgesetzt werden kann.

mmq/dpa
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