Wegen Boni in Millionenhöhe Middelhoff muss mit neuer Anklage rechnen

Neuer Prozess gegen Thomas Middelhoff? Dem früheren Arcandor-Chef und weiteren Ex-Vorständen droht wohl eine weitere Anklage. Fahnder halten Millionen-Boni aus den Jahren 2006 bis 2009 angesichts der Firmenpleite für ungerechtfertigt.
Ex-Arcandor-Chef Middelhoff (im Dezember 2008): Hohe Zahlungen akzeptiert

Ex-Arcandor-Chef Middelhoff (im Dezember 2008): Hohe Zahlungen akzeptiert

Foto: Frank Rumpenhorst/ picture-alliance/ dpa

Thomas Middelhoff, früherer Chef des Handelskonzerns Arcandor (Karstadt, Quelle, Thomas Cook), steht möglicherweise ein weiterer Strafprozess bevor. Nach Informationen von manager-magazin.de hat die Staatsanwaltschaft Bochum Klage gegen den 62-Jährigen sowie fünf weitere Ex-Vorstände und neun frühere Aufsichtsräte beim Landgericht Essen eingereicht. Der Vorwurf: Untreue in besonders schwerem Fall und Beihilfe hierzu.

Ob es zu dem Promi-Prozess kommt, muss nun das Landgericht entscheiden. Derzeit prüft man bei der Behörde, ob die Klage zugelassen wird - das bestätigte das Landgericht auf Anfrage dem manager-magazin.de. Die Angeklagten beteuern ihre Unschuld.

Nach jahrelangen Ermittlungen sehen es die Fahnder als erwiesen an, dass Boni und Abfindungen in Höhe von 8,82 Millionen Euro angesichts der drohenden Arcandor-Pleite ungerechtfertigt gewesen seien. Im Juni 2009 hat der Konzern Insolvenz angemeldet.

In ihrer 633 Seiten starken Anklage beschäftigen sich die Bochumer Staatsanwälte intensiv mit der Rolle des einstigen Arcandor-Aufsichtsrats. Neun Ex-Kontrolleuren - unter ihnen sind auch die früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Hero Brahms und Friedrich Carl Janssen - werfen sie Untreue vor, weil sie Arcandor-Managern zwischen August 2006 und März 2009 ungerechtfertigt hohe Prämien gewährt hätten. Leo Herl, Aufsichtsratsmitglied und Ehemann der Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz, droht ebenfalls ein Strafprozess, genauso wie vier Arbeitnehmervertretern.

Trauriges Déjà-vu

Thomas Middelhoff indes sehen die Ankläger in der Schuld, weil er die Zahlungen akzeptiert hatte. Ein Gerichtsverfahren in Essen wäre für den einstigen Arcandor- und Bertelsmann-Chef ein trauriges Déjà-vu. Erst im vergangenen Jahr musste sich der frühere Top-Manager wegen Untreue und Steuerhinterziehung verantworten.

Nach 35 Verhandlungstagen verurteilte ihn das Gericht zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Gegen das Urteil hat Middelhoff Revision eingelegt. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes steht noch aus.

Neben Middelhoff haben die Staatsanwälte auch dessen einstigen Vorstandskollegen Harald Pinger, Marc Oliver Sommer, Peter Wolf, Peter Diesch und Matthias Bellmannins Visier genommen. Auch sie sind wegen Beihilfe zur Untreue angeklagt.

Sollte es zum Verfahren kommen, könnte der Prozess ähnlich wegweisend und öffentlichkeitswirksam verlaufen, wie der Mannesmann-Prozess, der vor neun Jahren endete. Auch damals überprüften die Gerichte, ob Prämienzahlungen gerechtfertigt waren. Es ging um Sonderzahlungen, die im Rahmen der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone flossen. Gegen eine Geldbuße wurde das Verfahren schließlich eingestellt.

Die Bonuszahlungen und Abfindungen bei Arcandor beschäftigten bereits die Zivilgerichte. Der Arcandor-Insolvenzverwalter hatte gegen sechs ehemalige Arcandor-Vorstände und zwei frühere Aufsichtsräte auf Rückzahlung ungerechtfertigter Boni und Privatflüge auf Firmenkosten in Höhe von 23 Millionen Euro geklagt. Das Landgericht Essen hatte sechs von ihnen zu Strafzahlungen verurteilt. Das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm läuft noch.

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