Nabucco-Pipeline Schröder warnt vor Abhängigkeit von iranischem Gas

Die Nabucco-Pipeline soll die EU mit Gas aus Asien versorgen und so die europäischen Staaten unabhängiger von Russland machen. Jetzt ätzt Altkanzler Gerhard Schröder gegen das Mammut-Projekt: Man sei dafür auf Iran angewiesen. Heftig widerspricht sein ehemaliger Vize Joschka Fischer.
Skeptisch: Altkanzler Schröder sagt, für Nabucco brauche man Gas aus Iran

Skeptisch: Altkanzler Schröder sagt, für Nabucco brauche man Gas aus Iran

Foto: Matthias Rietschel/ AP

Moskau - Die europäischen Staaten wollen sich mit dem Mammut-Projekt emanzipieren und weniger abhängig von Russland machen: Eine riesige Pipeline soll die EU mit asiatischem Gas versorgen, Nabucco heißt das Projekt.

Aber so einfach ist das alles nicht, findet Altbundeskanzler Gerhard Schröder. Er halte das nur machbar mit Gas aus dem Iran, sagte er. Es gebe bislang ausreichend Gas für die geplanten Leitungen Nord Stream und South Stream, nicht aber für Nabucco, sagte Schröder nach Angaben russischer Agenturen. Alle drei Vorhaben hätten ihre Berechtigung, weil Europa immer mehr Gas benötige. Allerdings müsse die EU ihre politischen Differenzen mit dem Iran überwinden, um eine Vereinbarung über Gaslieferungen vom Kaspischen Meer zu treffen.

Schröder ist Vorsitzender des Aktionärsausschusses der europäisch-russischen Nord Stream AG. Er hatte wie der mit ihm befreundete russische Regierungschef Wladimir Putin betont, dass Nabucco keine Konkurrenz für die anderen Gasleitungen sei. Allerdings hatten auch Putin und Kremlchef Dmitri Medwedew gesagt, dass unklar sei, woher das Gas für Nabucco kommen solle.

Russlands früherer Regierungschef Viktor Tschernomyrdin bezeichnete das Nabucco-Projekt als "perspektivlos". Die Pipeline werde eine Leitung "von Irgendwoher nach Nirgendwohin", kritisierte der einstige Minister für die Gasindustrie.

Die früheren Regierungspartner Schröder und Fischer liefern sich ein Fernduell

Ex-Außenminister Joschka Fischer widersprach Tschernomyrdin scharf. Die nervösen Reaktionen aus Moskau würden zeigen, dass die Pipeline ein vielversprechendes Projekt sei, sagte er nach Angaben der Agentur Interfax. Fischer berät die Nabucco-Konsortiums-Mitglieder RWE und OMV.

Nach wiederholten Gaskonflikten zwischen Kiew und Moskau sollen die neuen Leitungen Europa auch helfen, unabhängiger von der Ukraine als bisher wichtigstem Transitland zu werden. Schröder erinnerte daran, dass das Leitungsnetz in der Ukraine dringend sanierungsbedürftig sei. Die Ostseepipeline Nord Stream soll künftig 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr nach Europa pumpen, South Stream 63 Milliarden Kubikmeter.

Russland tut alles, um sich den Zugriff auf die Gasvorkommen in den früheren Sowjetrepubliken Turkmenistan, Usbekistan und Aserbaidschan zu sichern. Der Baubeginn für die 3300 Kilometer lange Nabucco-Leitung ist für 2011 geplant, die Fertigstellung für 2014. Jährlich sollen rund 30 Milliarden Kubikmeter Gas nach Europa strömen. Die Kosten des Projekts, an dem auch der deutsche Energiekonzern RWE beteiligt ist, werden mit acht Milliarden Euroveranschlagt. Als Gaslieferant wird auch der Irak genannt.

In einer Stellungnahme widersprach RWE der Darstellung. Nabucco sei nicht auf iranisches Gas angewiesen, hieß es. Die geplante Pipeline speise sich grundsätzlich aus mehreren Quellen. Klare Lieferabsichten gebe es aus Aserbaidschan, Turkmenistan und dem Nord-Irak. Allein mit diesen Mengen könne Nabucco mehr als ausreichend gefüllt werden.

otr/dpa
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