Kurswende Neuer RWE-Chef will keine Atomkraftwerke mehr bauen

Noch-RWE-Chef Großmann, Nachfolger Terium: "Photovoltaik günstiger als gedacht"
Foto: Bernd Thissen/ dpaDüsseldorf - Der Energiekonzern RWE vollzieht unter seinem künftigen Chef Peter Terium eine Kehrtwende. Das Unternehmen gebe alle Überlegungen zum Bau neuer Atomkraftwerke im Ausland auf, kündigte Terium an. "Wir werden nicht mehr in neue Kernkraftwerke investieren", sagte der Manager rund zwei Wochen vor seinem Amtsantritt. Das gelte nicht nur in Großbritannien, wo RWE seine milliardenschweren AKW-Pläne bereits aufgegeben hat, sondern generell. "Das finanzielle Risiko und die Rahmenbedingungen für Kernkraftwerke können wir uns nicht mehr leisten."
In Deutschland werde der Versorger seine Meiler aber weiter betreiben. Die hiesigen AKW sollen bis Ende 2022 stillgelegt werden. Im vergangenen Jahr musste RWE bereits seinen Meiler in Biblis abschalten, wodurch der Konzern einen Gewinnbringer verlor.
Mit seiner Ankündigung setzt Terium sich gleich zu Beginn seiner Amtszeit deutlich von seinem Vorgänger ab. Jürgen Großmann hatte sich stark für die Kernkraft eingesetzt und war dadurch zum Buhmann von Umweltschützern und zahlreichen Politikern geworden. Der RWE-Chef hatte sich sogar gegen Widerstand im eigenen Aufsichtsrat für die Beteiligung an einem neuen Atomkraftwerk im bulgarischen Belene starkgemacht. Kritiker bemängelten, dass die Region erdbebengefährdet sei.
Die Pläne hakte RWE schließlich ebenso ab wie Überlegungen zum Bau eines neuen Meilers in Rumänien. Für ihr britisches AKW-Joint Venture Horizon suchen RWE und E.on mittlerweile einen Käufer. Sie hatte auf der Insel ursprünglich für einen zweistelligen Milliardenbetrag gleich mehrere Atomkraftwerke bauen wollen. Trotz des Aus der Pläne in Großbritannien will E.on weiter AKW-Projekte im Ausland vorantreiben. Der Konzern verfolgt unter anderem Bauvorhaben in Finnland.
"Wir werden uns mehr mit Photovoltaik befassen"
RWE ist auch an einem Kernkraftwerk in den Niederlanden beteiligt. Großmann hatte überlegt, sich an einem weiteren Meiler zu beteiligen. Terium erklärte dem nun eine Absage. "Wir planen auch in den Niederlanden kein neues Kernkraftwerk." Auch unter seiner Führung dürfte RWE aber an den Klagen gegen den Atomausstieg in Deutschland festhalten. Der Konzern fordert vom Staat Schadensersatz in Milliardenhöhe.
Terium tritt am 1. Juli die Nachfolge Großmanns an. Der Niederländer hat bereits angekündigt, das Ökostromgeschäft deutlich auszubauen. Neben der Atomenergie setzt RWE bislang vor allem auf Kohlekraftwerke. Der Konzern hat mit Milliardensummen neue Kraftwerke hochgezogen. Weitere dürften auch wegen der kostspieliger werdenden Verschmutzungsrechte vorerst nicht dazu kommen. "Wir werden uns mehr mit Photovoltaik befassen", sagte Terium bereits vor einigen Wochen. Der Konzern habe dabei Spanien, Italien und Nordafrika im Blick. "Die Kosten für Photovoltaik sind deutlich günstiger als vor Jahren gedacht."
Bislang hatte RWE beim Ökostrom vor allem auf die Windenergie gesetzt. Auch mit dem verstärken Bau von Solarkraftwerken dürfte Terium dem Energieriesen einen grüneren Anstrich verpassen und sich so vom Image des Atom-Anhängers Großmann distanzieren.