Neuordnung bei der EZB
Maßgeschneidertes Trostpflaster
Jörg Asmussen sollte im EZB-Direktorium die Tugenden der Bundesbank hochhalten, jetzt wird er Sonderbeauftragter für Krisendiplomatie. Damit kann der ehemalige Staatssekretär das tun, was er am besten kann: Netzwerken - und so die Interessen der deutschen Steuerzahler im Auge behalten.
EZB-Neuzugang Asmussen: Gilt als wesentlich geschmeidiger
Foto: dapd
Wer wird Chefvolkswirt der EZB? Die Antwort auf diese Frage war mit Spannung erwartet worden, seit der bisherige Chefvolkswirt, der Deutsche Jürgen Stark, aus Enttäuschung über den Kurs der Europäischen Zentralbank seinen Rücktritt erklärt hatte. Für ihn rückte mit Beginn des Jahres Jörg Asmussen, bisher Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, ins EZB-Direktorium nach. Doch Chefvolkswirt wird ein anderer: der Belgier Peter Praet. Dennoch sagt Asmussen: "Ich bin zufrieden."
Die Entscheidung fiel am Dienstag, als im neu besetzten Direktorium der EZB die Aufgaben neu verteilt wurden. Für Mario Draghi, den Italiener an der Spitze der Zentralbank, war das eine heikle Aufgabe: Er musste nicht nur die Qualifikationen der Direktoriumsmitglieder, sondern auch nationale Befindlichkeiten berücksichtigen.
Heraus kam ein klassischer Kompromiss: Die Abteilung Ökonomie - die Funktion des Chefvolkswirts gibt es offiziell gar nicht - leitet künftig weder der Deutsche Asmussen noch der zweite Favorit, der Franzose Benoît Cœuré, sondern der Belgier Peter Praet. Cœuré wird für Marktoperationen verantwortlich sein und damit für die umstrittenen Ankäufe von Staatsanleihen der Euro-Krisenländer.
Eine gute Lösung für Deutschland?
Asmussen wird künftig für die EZB alle europäischen Meetings und Ministertreffen vorbereiten, er wird die Krisenländer überwachen und für die Rettungsfonds EFSF und ESM zuständig sein.
Mit dieser Aufgabenverteilung habe man die jeweiligen Stärken der Beteiligten am besten eingesetzt, heißt es bei der EZB, von einer Teamstrategie ist die Rede und von einer guten Lösung für die Bank, mit der alle Kandidaten einverstanden gewesen seien. Ob es auch eine gute Lösung für den Euro ist - darüber wird nun spekuliert werden, vor allem in Deutschland.
Denn hierzulande gilt vielen ein deutscher Chefvolkswirt als Garant dafür, dass die alten Tugenden der Bundesbank - vor allem deren strikte Stabilitätsorientierung - auch in der EZB weiterleben. Das war bei Otmar Issing so und bei Jürgen Stark nicht anders. Dennoch konnte auch Stark nicht verhindern, dass die EZB Staatsanleihen der Krisenländer aufzukaufen begann - gegen den Widerstand der Bundesbank.
Deren damaliger Präsident Axel Weber zog daraus die Konsequenzen. Er stand für das Amt des EZB-Präsidenten, für das ihn die Bundesregierung vorschlagen wollte, nicht mehr zur Verfügung und schied auch aus der Bundesbank aus. Als die EZB ihre Anleihenkäufe forcierte, erklärte auch deren Chefvolkswirt Stark seinen Rücktritt.
Asmussen gilt als wesentlich geschmeidiger. Die Frage ist, wie er - unabhängig von der Aufgabenverteilung - künftig stimmen wird, wenn es im Direktorium um die Frage geht, ob die Zentralbank die Staatsanleihenkäufe weiter ausbaut. Sein Freund, Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, ist strikt gegen diese Politik.
Doch in seiner neuen Aufgabe kann Asmussen machen, was er am besten kann: sich auf internationalem Parkett bewegen, verhandeln, netzwerken. Und - das ist jedenfalls die Hoffnung - dabei das Interesse der deutschen Steuerzahler im Auge haben: Es ist schließlich deren Geld, um das es bei all diesen Verhandlungen geht.