Klimagipfel in Paris Bill Gates und Co. investieren Milliarden in saubere Energie
Die Steinzeit, so ist immer wieder einmal zu lesen, sei nicht wegen eines internationalen Vertrags gegen die Verwendung von Steinen zu Ende gegangen - sondern weil es bessere technische Alternativen gab. Zwei aufeinander abgestimmte Milliarden-Programme von 20 Staaten und knapp 30 Privatunternehmern sollen nun die Nutzung sauberer Energie in Entwicklungsländern fördern, um im Kampf gegen den Klimawandel voranzukommen. Offiziell vorgestellt werden soll die "Mission Innovation" am Montag auf dem Klimagipfel in Paris, wo derzeit unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen ein Abkommen zum Schutz des Weltklimas nach 2020 beraten wird.
Eine der Schlüsselfiguren der neuen Initiative ist der frühere Microsoft-Chef Bill Gates. Er soll sie zusammen mit US-Präsident Barack Obama, dem französischen Staatschef François Hollande und Indiens Präsident Narendra Modi präsentieren - und auch mit bezahlen. Die Voraussetzung dafür: Neben Privatkapital, das neben Gates von knapp 30 weiteren Unternehmern der sogenannten "Breakthrough Energy Coalition" kommt, müsse auch öffentliches Fördergeld fließen. Gates hatte sich bereits während der Uno-Generalversammlung im September mit Hollande und Modi getroffen.

Bill Gates: Allianz der Superreichen
Foto: AFPLaut der Webseite der Initiative ist es ihm unter anderem gelungen, die IT-Größen Mark Zuckerberg (Facebook), Jack Ma (Alibaba), Jeff Bezos (Amazon), Meg Whitman (HP) mit ins Boot zu holen. Aus Deutschland ist SAP-Mitgründer Hasso Plattner mit dabei. Weiteres Geld kommt unter anderem auch von Ratan Tata, früherer Chef der indischen Tata-Group, dem südafrikanischen Bergbau-Milliardär Patrice Motsepe oder Aliko Dangote, dem ein Mischkonzern in Nigeria gehört.
Förderung innerhalb von fünf Jahren verdoppeln
Von öffentlicher Seite haben insgesamt 20 Staaten bisher Unterstützung zugesichert. Dabei sind neben der EU und Norwegen unter anderem Kanada, die USA, Japan, Australien, Brasilien, Indien, China und Indonesien, aber auch Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate - eine bunt gemischte Staatenkoalition mit jeweils wohl ganz unterschiedlichen Motiven für die Teilnahme.
Sie alle versprechen in einem Statement zum Start der Initiative, innerhalb von fünf Jahren ihre öffentliche Förderung für die Entwicklung sauberer Energien möglichst zu verdoppeln. Nach einer Rechnung des Weißen Hauses stellen die beteiligten Staaten aktuell 80 Prozent der weltweiten Mittel im Bereich der grünen Technologien.
Für die demokratische US-Regierung könnte es zur Herausforderung werden, ihre geplante Beteiligung an dem Programm durch den Kongress zu bekommen. Die Republikaner haben angekündigt, ihr Veto gegen jegliche Klimahilfen einzulegen, die Obama in Paris ankündigt.
Schmackhaft machen wird man ihnen eine Zustimmung nun wie folgt: Das staatliche Geld soll für Grundlagenforschung eingesetzt werden, um die Kosten der Technologien langfristig zu senken. Der Privatsektor soll dann daraus mit Produkte für die saubere Energieversorgung entwickeln - und damit durchaus Geld verdienen.
Indien als Schlüsselland
Das Programm soll zum Beispiel Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für Energiespeicher fördern. So verweist Bill Gates in seinem Statement ("Energie-Innovation - Warum wir Sie brauchen und wie wir sie bekommen") darauf, dass Benzin eine 60fach höhere Energiedichte hat als die aktuell besten Lithium-Ionen-Akkus - und auch Kohle um den Faktor 37 besser liegt. Die Speicherung von sauberem Strom müsse billiger werden - durch neue Technologien und eine bessere Vernetzung der Systeme.
Im Kern geht es darum, den Einsatz erneuerbarer Energien zu einer attraktiven Option auch in Entwicklungsländern zu machen. So verweist Indien bei den Klimaverhandlungen stets darauf, dass es im Land noch mehrere hundert Millionen Menschen ohne Zugang zu Elektrizität gebe. Sie ans Netz zu bringen, wenn nötig mit Kohlestrom, sei die erste Priorität der Regierung - und Klimaschutz eben nur die zweite.
Nachdem sich die USA und China im Vorfeld des Klimagipfels zumindest auf moderate Verbesserungen beim Klimaschutz geeinigt haben, gilt Indien bei Beobachtern als eines der Schlüsselländer für einen Erfolg von Paris. Das Land ist bereits jetzt der drittgrößte CO2-Emittent der Welt. Förderprogramme für erneuerbare Energien können womöglich dabei helfen, dass die Regierung von Premierminister Narendra Modi einem Abkommen am Ende zustimmt. Der massive Ausbau von Wind-, Wasser- und Sonnenkraft ist Kern des nationalen Klimaplans, den Indien Anfang Oktober vorgestellt hat.
Die Förderung erneuerbarer Energien ist eigentlich auch Aufgabe der vor rund fünf Jahren gegründeten Internationalen Organisation für erneuerbare Energien (Irena) mit Hauptsitz in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten und einer Außenstelle in Bonn. Die Organisation ist bisher nicht unbedingt mit großen Initiativen aufgefallen. Sie hat im Rahmen ihrer Studie "Remap 2030" aber ausgerechnet, dass der Anteil erneuerbarer Energien weltweit von aktuell 18 Prozent auf bis zu 36 Prozent im Jahr 2030 steigen könnte.
Die Knackpunkte des Gipfels
Wie verpflichtend werden die Vereinbarungen von Paris? Die US-Delegation will jedenfalls keinen Vertrag unterschreiben. Weil dieser durch den Senat müsste und dort durchfallen würde. Einer juristisch ebenfalls verbindlichen Einigung anderen Namens (Vereinbarung oder ähnliches) würde die US-Regierung dagegen wohl positiver gegenüber stehen. Gastgeber Frankreich drängt auf möglichst viel juristische Verbindlichkeit.
Auf dem Klimagipfel in Cancún vor fünf Jahren haben sich die Staaten darauf geeinigt, dass die Durchschnittstemperatur nur zwei Grad über die Werte der vorindustriellen Zeit steigen soll. Obwohl schon das extrem schwer zu schaffen sein dürfte, verweisen kleine Inselstaaten darauf, dass zwei Grad für ihr Überleben noch zu viel wären. Sie fordern deswegen 1,5 Grad - auch wenn das für die großen CO2-Emittenten noch viel größere Mühen bedeuten würde. Denn ein Grad Temperaturplus sind inzwischen schon erreicht.
Irgendwer muss irgendwann irgendwas tun soweit ist alles klar. Doch da enden die Gemeinsamkeiten auch schon. Die G7 sind für ein Ende des industriellen CO2-Ausstoßes in diesem Jahrhundert. Doch was ist etwa mit Ölproduzenten wie Saudi-Arabien? Wie sehr werden Schwellenländer wie Indien und China in die Pflicht genommen? Und wie stark wird das Einfangen und Speichern von CO2 aus der Atmosphäre in die Pläne eingerechnet? Die Frage nach dem Langfristziel entscheidet auch darüber, wann die CO2-Emissionen anfangen müssen zu sinken.
Der Klimawandel ist bereits jetzt da, weitere negative Folgen werden sich auch nicht mehr verhindern lassen bleibt die Frage, wie sich arme Staaten wappnen können. Die Industrieländer haben ab dem Jahr 2020 immerhin 100 Milliarden US-Dollar jährlich an Hilfe versprochen. Doch reichen die aus? Wie oft wird über die Aufstockung dieser Hilfen geredet? Was wird dabei alles mit hineingerechnet? Und wer zahlt eigentlich mit? Nur alte Industrieländer? Oder auch wirtschaftlich ebenfalls mächtige Staaten wie China, Mexiko oder Katar?
Vor manchen Folgen wird man sich nicht schützen können bekommen vom Klimawandel betroffene, ärmere Staaten also eine Entschädigung? Zum Beispiel für die Schäden, die auf kleinen Inseln oder an Küstenregionen nach schweren Stürmen auftreten? Viele Industrieländer erkennen an, dass sie helfen müssen wollen aber auf jeden Fall verhindern, dass es eine Haftung und Rechtsansprüche gibt. Vielleicht wird der Streit darüber auch in Paris entschieden, nächstes Jahr legt eine internationale Arbeitsgruppe dazu auf jeden Fall einen Entwurf vor.
Wie lassen sich die Zusagen der Staaten für den Klimaschutz vergleichen? Und vor allem: Wie lassen sie sich überprüfen? Gibt es jemanden, der da die Aufsicht hat? Oder gilt nur das Prinzip Selbstkontrolle? China hat zum Beispiel wenig Interesse an externer Aufsicht. Die EU und USA aber auch Japan, Kanada oder die Schweiz wollen, dass eine neutrale Instanz eigene Rechnungen anstellt.
Aktuell reichen die Klimazusagen der Staaten nicht ansatzweise aus, um das Zwei-Grad-Ziel womöglich doch noch zu erreichen. Ein sogenannter Revisionsmechanismus könnte dafür sorgen, dass die Länder regelmäßig zusagen müssen, sich mehr anzustrengen. Die EU würde dafür jeweils Fünf-Jahres-Zeiträume vorschlagen. Die nächste Frage ist: Wann geht's mit der Nachbesserung eigentlich los? Die Franzosen sähen gern, dass es schon 2018 soweit ist also schon bevor das jetzt auszuhandelnde Abkommen in Kraft tritt.