Steuerliche Entlastung Geringverdiener fahren am weitesten zur Arbeit

Taugt die Entfernungspauschale, um die hohen Spritpreise abzufedern? Laut aktuellen Zahlen legten ausgerechnet Pendler mit jährlich weniger als 10.000 Euro brutto den längsten Arbeitsweg zurück. Die Statistik hat aber einen Haken.
Kleinwagen in Niedersachsen: Auf dem Weg zur Arbeit?

Kleinwagen in Niedersachsen: Auf dem Weg zur Arbeit?

Foto: Julian Stratenschulte / dpa

In der Debatte über eine Entlastung für die steigenden Benzinpreise streitet die Politik über eine höhere Pendlerpauschale. Hierfür spricht zunächst, dass Menschen mit besonders niedrigem Einkommen oft einen besonders weiten Weg zur Arbeit haben.

Konkret haben Pendler mit einem Jahresbruttolohn von weniger als 10.000 Euro den längsten Arbeitsweg, wie das Statistische Bundesamt mitteilte . Sie legten durchschnittlich 32 Kilometer zurück, wie es auf Basis der Daten aus den Steuererklärungen 2018 heißt.

Verdienten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwischen 10.000 und 100.000 Euro im Jahr, pendelten sie im Schnitt 26 Kilometer. Bei einem Bruttolohn zwischen 100.000 und 500.000 Euro betrug die durchschnittliche Strecke rund 28 Kilometer, für diejenigen mit einem Gehalt von mehr als einer halben Million Euro sind es 25 Kilometer.

38 Cent ab dem 21. Kilometer

Aus den Daten kann allerdings nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass eine derzeit diskutierte Erhöhung der Pendlerpauschale besonders Geringverdienern nutzen würde. Das liegt unter anderem daran, wer die Pendlerpauschale geltend macht – und wer nicht.

Zum einen erfasst die Statistik nur Fälle, bei denen die Werbungskosten über dem Arbeitnehmerpauschbetrag von 1000 Euro (ab 2022: 1200 Euro) lagen. Diejenigen, die unterhalb dieses Betrags blieben, gaben ihre gependelten Kilometer häufig nicht in ihrer Steuererklärung an. Zum anderen werden Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags von derzeit 10.347 Euro jährlich  ohnehin nicht besteuert. Wer keine Steuern zahlt, kann auch keine Pendlerpauschale geltend machen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte sich zuletzt offen dafür gezeigt, die Pendlerpauschale zu erhöhen. »Davon profitieren alle, denn das gilt unabhängig von Auto, Bahn und Fahrrad«, sagte der FDP-Vorsitzende am Wochenende. Im Jahr 2018 betrug die Pendlerpauschale 30 Cent pro Kilometer des einfachen Arbeitswegs. Nach einer Gesetzesreform im vergangenen Mai liegt sie ab dem 21. Kilometer nunmehr bei 38 Cent.

2018 bekamen rund 13,7 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Entfernungspauschale, die auch Pendlerpauschale genannt wird. Auf ihrem Weg zur Arbeit legten sie durchschnittlich 26 Kilometer zurück. Rund 81 Prozent (11,1 Millionen) gaben an, zumindest für einen Teil der Strecke das Auto zu nutzen.

Je ländlicher eine Person wohnte, desto häufiger nutzte sie der Auswertung zufolge zudem das Auto. In Großstädten gaben 67 Prozent der Pendler an, zumindest für einen Teil der Strecke das Auto zu nutzen. In Kleinstädten betrug der Anteil 87 Prozent, in Landgemeinden sogar 90 Prozent.

apr/Reuters
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