

Die beiden schwarzen Hundeleinen sehen völlig identisch aus. Mit dem bloßen Auge lässt sich kein Unterschied feststellen. Form und Farbe sind gleich, auch die Verpackung wurde eins zu eins gefälscht. Sogar die Originaladresse des Herstellers und das Markenemblem wurden auf die Verpackung gedruckt, um die Käufer zu täuschen.
Der Hersteller dieser besonders dreisten Fälschung erhält dafür in diesem Jahr den Plagiarius - und zwar den ersten Hauptpreis. Der Verein Aktion Plagiarius vergibt seit 41 Jahren ihren Schmähpreis für Fälschungen und Kopien, um auf die unfairen und teils kriminellen Geschäftspraktiken der Produktpiraten aufmerksam zu machen.
Diverse anonyme Online-Anbieter hatten die gefälschten Hundeleinen bei Amazon in den USA verkauft. Um nicht entdeckt zu werden, richteten sie sich Scheinidentitäten ein und wechselten täglich ihre Accounts. Die Firma Flexi-Bogdahn aus Bargteheide, Weltmarktführer für Roll-Hundeleinen, litt massiv unter der Fälschung. Die Anzahl negativer Kundenbewertungen stieg rasant an, und viele Kunden schickten ihre gefälschten Hundeleinen zurück, weil die sich nach ein paar Mal Benutzen nicht mehr einziehen ließen.
"Die Fälschung ist purer Schrott, und viele Verbraucher sind leider darauf hereingefallen", sagt Sven Kruse, Anwalt von Flexi-Bogdahn. Dem Unternehmen seien Umsätze in Höhe von mehreren Hunderttausend Dollar entgangen, weil viele Kunden die günstigere Fälschung bestellten, statt das Original zu kaufen.
"Die Nachahmer handeln vorsätzlich, skrupellos und rein aus Profitgier. Die Imageschäden für die Originalhersteller und die Sicherheitsrisiken für Verbraucher sind enorm", sagt Christine Lacroix von der Aktion Plagiarius.
Kopierte Stühle, Taschen und Pilotjacken - hier sehen Sie die diesjährigen Preisträger des Plagiarius:
Weltweit boomt das Geschäft mit dreisten Plagiaten und Fälschungen. Laut EU-Kommission haben die EU-Zollbehörden allein 2015 mehr als 40 Millionen rechtsverletzende Produkte im Wert von mehr als 650 Millionen Euro an den EU-Außengrenzen beschlagnahmt - ein Anstieg von 15 Prozent seit 2014.
Produktpiraten profitieren vom wachsenden Onlinehandel
Laut Lacroix sei der stark wachsende Onlinehandel verantwortlich für die rasante Zunahme von Produkt- und Markenpiraterie. Denn oftmals blieben die Täter unentdeckt und benutzten gefälschte Identitäten. Zwar schließen internationale Polizeibehörden jährlich Zehntausende Websites, doch meist setzten die Betrüger ihr Geschäft unter neuem Firmennamen fort.
"Das macht es für die geschädigten Unternehmen so schwer, die Produktpiraten ausfindig zu machen", sagt Lacroix. Auch im Fall der gefälschten Hundeleinen blieben die Ermittlungen der US-Behörden bislang erfolglos, noch immer kann man die Fälschungen bei Amazon kaufen.
Doch nicht immer sind nachgemachte Produkte auch illegal. Grundsätzlich gilt in Deutschland und vielen anderen Ländern Nachahmungsfreiheit. "Doch plumpe Plagiate sind einfallslos und moralisch verwerflich und führen zu ökonomischen Stillstand", warnt Lacroix.
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Platz eins geht an anonyme Online-Anbieter, die Hundeleinen des deutschen Herstellers Flexi Bogdahn fälschten (links im Bild das Original) und auf Amazon über Drittanbieter verkauften. Das Unternehmen hat seit Sommer 2016 mit schweren Umsatzeinbußen zu kämpfen. Zahlreiche Kunden beschweren sich, weil sich die Leine der Fälschung nach nur ein paar Tagen nicht mehr einziehen lässt. Auf Amazon werden die Fälschungen immer noch angeboten, US-Behörden konnten die Täter bisher nicht ermitteln.
Platz zwei geht an die chinesische Firma Shenzhen Chunshan Trading, die einen Bürostuhl der Firma Interstuhl Büromöbel (Original links) nachgeahmt hat.
Der dritte Platz geht an die Fälscher eines Druckmessgeräts der Firma Wika (Original links). Im Jahr 2015 wurden bei einer Razzia in Vietnam bereits zahlreiche Wika-Fälschungen beschlagnahmt. Doch das hielt die Fälscher nicht auf: Bei einer zweiten Razzia im Jahr 2016 wurden erneut gefälschte Druckmessgeräte sichergestellt - dieses Mal mit dem Schriftzug Vika.
Außer den drei Preisträgern wurden sieben gleichrangige Produkte "ausgezeichnet". Darunter die Pilotjacke der Rukka AG, die ein Produkt des dänischen Herstellers Mascot nachgeahmt hat. Das Plagiat (r.) hat etwas grellere Farben, ansonsten ist mit dem bloßen Auge kein Unterschied feststellbar.
Die Schweizer Firma Rukka - selbst durchaus renommierter Hersteller von Arbeitskleidung - reagierte erst nicht auf eine anwaltliche Abmahnung seitens Mascot. Nach einer Anfrage des Plagiarius-Vereins hat Rukka über einen Anwalt auf die Vorwürfe reagiert: Rukka kenne das Problem des Nachmachens von Produkten aus jahrzehntelanger eigener Erfahrung. Es liege der Firma deshalb grundsätzlich fern, selber solche Praktiken anzuwenden. Im konkreten Fall habe ein langjährige Kunde Rukka gebeten, Jacken im Stil der Mascot-Jacke in kleiner Stückzahl herzustellen. Es sei Rukka nicht bewusst gewesen, dass das Modell geschützt gewesen sei, und man entschuldige sich für dieses Versehen.
Schwarzer Griff statt silberner Griff - ansonsten sieht alles gleich aus. Ein Plagiat (r.) des Transportgeräts "Starcarrier" wurde über das Unternehmen Merkur Trgovina in Slowenien vertrieben.
Auf einem Basar in Dubai wurden die Design-Plagiate dieser knallgrünen Isolierkanne entdeckt. Die Nachahmer kopierten das Design des Original-Herstellers Helios (l.), vertrieben das Produkt aber illegal unter der Verwendung des Namens der Schweizer Marke Zepter. Wer sich hinter der Firma "Prima Germany" verbirgt, ist nicht bekannt.
Ein besonders dreistes Plagiat ist dieser orangefarbene Gemüseschneider. Das Original (l.) kommt aus Deutschland, die Kopie wird über ein Handelsunternehmen in Prag vertrieben.
Gleiches Modell, hellere Farbe? Die beiden Taschen sehen sich zum Verwechseln ähnlich - stammen jedoch von unterschiedlichen Herstellern. Das Original "Taschelini" (l.) stammt aus Erbach in Deutschland, das Plagiat wird in China hergestellt und in Japan verkauft.
Auch der Nussknacker "Naomi" wurde dreist kopiert. Das Plagiat (r.) wird über einen chinesischen Onlinehändler vertrieben.
Gleich zwei Waschtischmischer der deutschen Firma Hansgrohe (Originale jeweils links) wurden von zwei verschiedenen chinesischen Firmen kopiert: Rechts oben ist das Plagiat von Taizhou Ranbo Sanitary Wave zu sehen, rechts unten der Klon von Heshan Khone Sanitary Ware Technology.
Wie die meisten anderen Firmen waren die Hersteller der Fälschungen nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
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