
Politiker bei der Deutschen Bahn: Von der Regierungsbank zum Staatskonzern
Ex-Politiker bei der Deutschen Bahn Ihr Anschluss ist gewährleistet
Hamburg/Berlin - Erst kam der überraschende Abgang, dann das Rätselraten: Was würde der enge Merkel-Vertraute Ronald Pofalla nach dem Ende seiner politischen Karriere machen? Nun scheint klar zu sein, dass der 54-Jährige zur Deutschen Bahn wechselt. Bereits im März könnte er zum Vorstandsmitglied ernannt werden - und dort die Strippen zur Politik in Berlin und Brüssel ziehen. Bestens vernetzt ist der ehemalige Chef des Kanzleramts ja.
Doch nicht nur deshalb ist der Wechsel Pofallas zur Deutschen Bahn keine wirkliche Überraschung. Schließlich gibt es beim Staatskonzern eine lange Tradition, ehemalige Politiker mit Posten oder Versorgungsaufträgen zu bedenken. Einen besonderen Vorteil scheinen ehemalige Verkehrsminister zu haben - wobei es zumindest nicht schadet, wenn sie sich durch eine Bahn-freundliche Politik ausgezeichnet haben. Doch auch die Expertise früherer Landesregierungschefs wird offenbar gern genommen.
Eine Auswahl ehemaliger Spitzenpolitiker mit Anschlussverwendung bei der Deutschen Bahn:
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Reinhard Klimmt (SPD): Der Saarländer war von September 1999 bis November 2000 Bundesverkehrsminister und arbeitete eng mit dem damaligen Bahn-Chef Hartmut Mehdorn zusammen. Ab dem Sommer 2002 war Klimmt als Beauftragter des Bahn-Vorstands für Kontakte nach Brüssel, aber auch zur französischen Regierung zuständig.
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Otto Wiesheu (CSU): Nach zwölf Jahren als Verkehrsminister in Bayern zog der Christsoziale im Januar 2006 in den Bahn-Vorstand ein und kümmerte sich unter anderem um die Verbindungen zu Bundestag und -regierung. Kurz nach dem Amtsantritt von Rüdiger Grube als Bahn-Chef im Mai 2009 verließ Wiesheu das Spitzengremium - fungierte aber noch einige Zeit als Berater des Staatskonzerns.
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Jürgen Heyer (SPD): Als Verkehrsminister von Sachsen-Anhalt sorgte der Sozialdemokrat im Februar 2002 für Aufregung selbst in der eigenen Partei - er hatte einen Zwei-Milliarden-Euro-Vertrag mit der Bahn abgeschlossen, ohne Angebote der Konkurrenz einzuholen. Später wurde der Vertrag rückgängig gemacht. Im Frühjahr 2003 wurde Heyer Aufsichtsratschef bei Scandlines, einer Fähr-Reederei, an der die Deutsche Bahn damals beteiligt war und die inzwischen privatisiert wurde.
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Hartmut Meyer (SPD): Auch Meyer geriet als Verkehrsminister Brandenburgs wegen eines 2002 mit der Bahn geschlossenen Vertrags heftig in die Kritik. Und auch Meyer stand bald nach seinem Rücktritt im September 2003 in Diensten der Bahn. Ab dem Januar 2004 war Meyer Berater der Deutschen Bahn AG.
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Georg von Waldenfels (CSU): Von 1987 bis 1995 war der langjährige Präsident des Deutschen Tennisbunds (DTB) Minister in Bayern. Später beriet auch er den Staatskonzern.
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Klaus Wedemeier (SPD): Zehn Jahre lang, von 1985 bis 1995, war der Sozialdemokrat Regierungschef in Bremen. Ab 1999 machte er sich als Unternehmensberater selbständig. Einer seiner Kunden: der Staatskonzern Deutsche Bahn.
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Franz-Josef Kniola (SPD): Von 1990 bis 1995 diente Kniola unter Johannes Rau als Verkehrsminister in Nordrhein-Westfalen. Ende 2004 wurde auch er Berater der Deutschen Bahn.
- In gewissem Sinne eine Ausnahme ist Jürgen Rüttgers (CDU): Ein Jahr nach seinem Abgang als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen sollte Rüttgers Europas Bahn-Cheflobbyist werden. So wollte es zumindest die Deutsche Bahn, die den Unionsmann im Frühjahr 2011 für den Spitzenposten bei der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften (CER) vorschlug. Ein knappes halbes Jahr später zog Rüttgers seine Kandidatur zurück- Berichten zufolge war der Widerstand gegen einen deutschen Verbandschef zu groß.