Drohende Insolvenz
Prokon-Anleger kündigen knapp 188 Millionen Kapital
Die Warnungen von Prokon scheinen zu verpuffen: Anleger des Windkraftfinanzierers verlangen fast 188 Millionen Euro zurück. Damit hätte das Unternehmen weniger Kapital, als es nach eigenen Angaben braucht, um eine Insolvenz zu vermeiden.
Prokon-Zentrale in Itzehoe: "Unzufriedene und griesgrämige Menschen"
Foto: Ulrich Perrey/ dpa
Itzehoe - "Wir lassen uns nicht durch den Druck der Finanzwelt in unzufriedene und griesgrämige Menschen verwandeln", heißt es auf der Internetseite Freunde-von-Prokon.de. Ende vergangener Woche hatte der Windanlagenfinanzierer vor einer drohenden Insolvenz gewarnt. Zugleich bedrängte die Firma ihre 75.000 Anleger, ihr Kapital nicht abzuziehen und bestehende Kündigungen rückgängig zu machen.
Doch die seit langem bestehenden Warnungen zum Geschäftsmodell von Prokon scheinen jetzt endgültig zu den Anlegern durchzudringen. Inzwischen hätten Investoren Genussrechte im Wert von 187,7 Millionen Euro gekündigt, teilte das Unternehmen am Dienstag auf seiner Internetseite mit.
Das Genussrechtskapital beträgt nach Firmenangaben knapp 1,4 Milliarden Euro. In einem Rundschreiben hatte Prokon am Freitag erklärt, eine Planinsolvenz lasse sich nur beim Erhalt von mindestens 95 Prozent des Genussrechtskapitals verhindern. Fünf Prozent von 1,4 Milliarden Euro wären 70 Millionen Euro, die zurzeit gekündigten 188 Millionen Euro machen gut 13 Prozent des Genussrechtskapitals aus. Prokon bittet die Anleger, sich bis zum 20. Januar zu erklären.
Bundesjustiz- und -verbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD) sagte angesichts der Prokon-Affäre in Berlin, wo Verbraucher sich nicht selbst schützen könnten oder überfordert seien, müsse der Staat Schutz und Vorsorge bieten. "Insbesondere im Bereich des sogenannten grauen Kapitalmarktes ist ein funktionierender Verbraucherschutz von großer Bedeutung", so Maas. Es sei ein wichtiger Schritt, dass die Finanzaufsicht BaFin den kollektiven Schutz der Verbraucher als wichtiges Ziel ihrer Aufsichtstätigkeit erhalte.
Die Lübecker Staatsanwaltschaft geht mehreren Strafanzeigen gegen das Unternehmen nach. Die Prüfung, ob ein Anfangsverdacht wegen Betruges und weiterer Wirtschaftsdelikte bestehe oder nicht, werde mindestens noch einige Wochen dauern, sagte Oberstaatsanwältin Wenke Haker-Alm. Sollte es diesen Verdacht geben, würden Ermittlungen aufgenommen.
Verbraucherschützer hatten in den vergangenen Jahren immer wieder das Geschäftsmodell von Prokon in Frage gestellt und mangelnde Transparenz beklagt. Für Genussrechte wurden bis zu acht Prozent Zinsen versprochen. Mit dem kurzfristig kündbaren Kapital hat Prokon langfristige Investitionen wie Windkraftanlagen finanziert.
Bei Prokon stehen neben dem Geld der Anleger auch rund 1300 Arbeitsplätze auf dem Spiel, davon knapp 500 in der Zentrale in Itzehoe. Die schleswig-holsteinische Opposition von CDU und FDP hat Ministerpräsident Torsten Albig und Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (beide SPD) aufgefordert, sich für den Erhalt der Arbeitsplätze einzusetzen. Das Wirtschaftsministerium in Kiel will sich vor möglichen Schritten zunächst Informationen zur Lage besorgen.