Razzien bei Gasfirmen
Wettbewerbshüter wollen Gazprom-Monopol brechen
Die EU-Kommission knöpft sich Gazprom vor: Nach SPIEGEL-Informationen geht es bei den Ermittlungen der Behörde darum, die Marktmacht des russischen Energieriesen zu prüfen. Dieser soll Partnerfirmen strenge Bedingungen für Gaslieferungen gestellt haben.
Hamburg - Offiziell will die EU-Kommission das Ziel ihrer Ermittlungen nicht nennen, doch nach SPIEGEL-Informationen richten sich die Razzien gegen
Gazprom: Mit ihrer konzertierten Durchsuchungsaktion in mehreren west- und osteuropäischen Ländern will die EU-Wettbewerbskommission die Marktmacht des russischen Energie-Multis brechen. Das geht aus Schreiben und Unterlagen hervor, die von den Ermittlern im Rahmen ihrer Razzia vergangenen Dienstag beschlagnahmt wurden.
So suchten die Beamten bei den deutschen Energiekonzernen RWE und E.on Ruhrgas gezielt nach Gaslieferverträgen ihrer mittel- und osteuropäischen Tochterunternehmen. Bei denen war es in der Vergangenheit durchaus üblich, dass Gazprom
problematische Konditionen in die Verträge diktierte, wie Energiemanager bestätigen.
So sollen Gaslieferungen in osteuropäische Länder in zahlreichen Fällen an die Bedingung geknüpft worden sein, dass der wertvolle Rohstoff nicht in andere Länder weiterverkauft, sondern nur für den heimischen Markt genutzt werden dürfe. Damit wollte Gazprom offenbar seine Monopolstellung auf vielen osteuropäischen Energiemärkten sichern.
Allerdings, beteuern RWE und E.on unisono, seien solche Verträge - falls bekannt - nach der EU-Marktliberalisierung bereinigt und nicht mehr abgeschlossen worden. Sollten die Wettbewerbshüter dennoch auf derartige Klauseln stoßen, könnten sie die Vormachtstellung von Gazprom mit milliardenschweren Strafen und harten Auflagen ein Stück weit eingrenzen.
Damit spitzt sich ein Streit zu, der schon länger schwelt: Die Europäer stören sich an der Marktmacht der Russen. Diese liefern 25 Prozent des europäischen Gases und halten sich bei Verhandlungen nicht unbedingt an die strengen europäischen Standards.
Die Russen müssen sich in Europa nun aber offenbar auf härtere Bedingungen einstellen: "Wir wollen den Binnenmarkt für Gas und Strom vollenden", sagt EU-Energiekommissar
Günther Oettinger. Im Gas- und Strommarkt regiere teilweise noch die alte Welt. "Wir brauchen Wettbewerbsregeln, die für alle gleich gelten. Wenn es Verdachtsmomente gibt, muss die EU-Kommission dem objektiv nachgehen, egal, ob es sich um kleine oder große Marktteilnehmer handelt."