Zerstörung des Regenwalds Britische Supermärkte drohen mit Brasilien-Boykott

Ein neues Gesetz könnte die Zerstörung des brasilianischen Regenwalds weiter beschleunigen. Wird es verabschiedet, wollen führende britische Supermarktketten Produkte aus Brasilien aus dem Sortiment werfen.
Kunden eines Tesco-Markts in London (Archivbild): "tief besorgt" über Erlass 910

Kunden eines Tesco-Markts in London (Archivbild): "tief besorgt" über Erlass 910

Foto: Andy Rain/ dpa

Die führenden britischen Supermarktketten haben Brasilien mit einer Auslistung von Produkten aus dem südamerikanischen Land gedroht. Zu einem solchen Boykott sehen sie sich nach eigenen Angaben gezwungen, wenn ein von Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro unterstütztes Gesetzesvorhaben angenommen wird, dass "zu weiterem Landraub" im Amazonas-Regenwald ermutige. Das Gesetz würde die illegale Abholzung und unrechtmäßige Besetzung von öffentlichem Land vor 2018 - insgesamt 570.000 Quadratkilometer, mehr als die Fläche Spaniens - nachträglich legalisieren.

In einem offenen Brief an brasilianische Abgeordnete und Senatoren, aus dem die Nachrichtenagentur AFP zitiert, äußerten sich die Unternehmen "tief besorgt" über den Erlass 910, der die Landnahme von öffentlichen Flächen nachträglich legalisieren würde. Das Gesetz muss noch vom brasilianischen Kongress gebilligt werden.

Unterzeichnet wurde der offene Brief unter anderem von den britischen Einzelhandelsriesen Tesco, Asda, Waitrose, J Sainsbury und Marks & Spencers, auch Unternehmen wie Burger King UK schlossen sich an. "Wir rufen die brasilianische Regierung auf, ihre Haltung zu überdenken und hoffen, auch weiterhin mit unseren Partnern in Brasilien zusammenarbeiten zu können." Wirtschaftliche Entwicklung und der Schutz der Umwelt müssten sich nicht gegenseitig ausschließen.

Brasiliens ultrarechter Staatschef Bolsonaro steht wegen seiner Umweltpolitik international in der Kritik. Ihm wird vorgeworfen, die kommerzielle Ausbeutung von geschützten Amazonasgebieten zu befürworten. Bolsonaro ist eng mit der brasilianischen Agrarlobby verbündet und zweifelt die Verantwortung des Menschen für den Klimawandel an.

In den ersten vier Monaten dieses Jahres stieg die Urwaldvernichtung in Brasilien weiter deutlich an: Von Januar bis April wurden laut Daten des brasilianischen Instituts für Weltraumforschung 1202 Quadratkilometer Urwald vernichtet. Das ist ein Anstieg um 55 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

"Illegale Holzfäller machen kein Homeoffice", sagte Rômulo Batista, Greenpeace-Sprecher in Brasilien, der Deutschen Presse-Agentur. Während Holzfäller, Goldsucher und andere Glücksritter in Amazonien ihren illegalen Tätigkeiten weiter nachgehen, schränkt die Coronakrise Umweltbeamte in ihrer Arbeit jedoch weiter ein. Die Umweltbehörde Ibama hat der rechte brasilianische Präsident Jair Bolsonaro bereits seit seinem Amtsantritt im Januar 2019 gezielt geschwächt. Personal und Kontrollen wurden weniger.

dab/AFP/dpa
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