Riesenkredit gegen die Krise EZB pumpt Banken halbe Billion Euro

Bankenviertel in Frankfurt: 523 Banken nehmen EZB-Geld
Foto: dapdFrankfurt - Es ist ein Riesenkredit gegen die Krise: Die Banken des Euro-Raums haben sich bei der Europäischen Zentralbank (EZB) 489,2 Milliarden Euro geliehen. Das teilte die EZB am Mittwoch in Frankfurt mit. Die Summe ist deutlich höher als erwartet: Im Schnitt hatten Volkswirte mit rund 300 Milliarden Euro gerechnet. Auch die Zahl der beteiligten Banken liegt mit 523 Banken sehr hoch.
Das langfristige Refinanzierungsgeschäft war von der Notenbank Anfang Dezember angekündigt worden. Es ist das erste von insgesamt zwei solcher ungewöhnlich langen Geschäfte. Die Banken bekamen so viel Geld, wie sie wollten, denn die EZB hatte zuvor versprochen, sämtliche Kreditanfragen zu erfüllen. Dafür müssen die Banken zwar Sicherheiten hinterlegen, teilweise können sie dafür jedoch Papiere nutzen, die sonst kaum jemand am Markt haben will.
Mit dem Mega-Darlehen reagiert die EZB auf die bedenkliche Lage des Bankensektors. Dieser ist durch die Schuldenkrise stark verunsichert, weil viele Banken in Staatsanleihen angeschlagener Euro-Länder investiert haben. Die EZB will mit dem Geschäft die Planungssicherheit der Institute erhöhen.
Der deutsche Leitindex Dax sprang direkt nach Bekanntgabe der EZB-Daten mit einem Plus von mehr als zwei Prozent auf sein Tageshoch, kam aber bald wieder auf das frühere Niveau zurück. Zuletzt stand er 0,45 Prozent höher auf 5871 Punkten. Der MDax kletterte um 0,46 Prozent auf 8777 Punkte, der TecDax gewann 0,16 Prozent auf 677 Punkte. Zuvor hatten bereits starke Konjunkturdaten aus den USA und Deutschland der Börse Auftrieb gegeben.
Auch der Euro reagierte mit Kursschwankungen. Unmittelbar nach der Bekanntgabe sprang er auf ein Tageshoch von 1,3197 US-Dollar . Kurze Zeit später fiel die Gemeinschaftswährung aber auf ein Tagestief von 1,3072 Dollar und pendelte sich gegen Mittag bei 1,3111 Dollar ein.
"Wahrlich ein Geldsegen"
Die Privatbanken in Deutschland begrüßten den Kredit. Er verbessere die Liquiditätsversorgung des europäischen Bankensektors entscheidend, sagte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands. Zusammen mit anderen Liquiditätshilfen der EZB erleichtere er den Banken in einer schwierigen Phase die Refinanzierung. "All das sind wichtige und richtige Schritte, um der Gefahr einer Kreditklemme im Euro-Raum zu begegnen", sagte Kemmer. Dennoch handele es sich um "Notmaßnahmen, die einen funktionsfähigen Interbankenmarkt nicht ersetzen können".
Analysten reagierten überwiegend vorsichtig auf die EZB-Zahlen. "Das ist nun wahrlich ein Geldsegen", meinte Geldmarkthändler Bernd Hartwig von der NordLB. Joshua Raymond von City Index sagte, der Kredit helfe "den Banken, ihre Bilanzen aufzupolieren. Aber die Frage ist doch, warum sie so viel Geld brauchen."
Michael Hewson von CMC Markets sagte, es sei "schwer, die hohe Nachfrage als etwas Positives zu sehen, auch wenn die Märkte mit Kursaufschlägen reagiert haben. Die große Summe zeigt letztlich nur, wie groß die Verspannungen am Interbankenmarkt sind. Die Kernfrage ist nun, wieviel Geld tatsächlich seinen Weg in die Wirtschaft findet."
Eugen Keller von der Metzler Bank sprach von einer "ordentlichen Summe", welche die Banken abgerufen hätten. "Es ist vorstellbar, dass dieses Sicherheitsnetz der EZB jetzt erst einmal für etwas Beruhigung an den Märkten sorgt. Vielleicht schaffen wir es tatsächlich, das ganz, ganz negative Denken in Sachen Euro-Krise nun etwas hinter uns zu lassen."
Es ist der EZB-Stützungskredit mit der bislang längsten Laufzeit für das angeschlagene Bankwesen. Bisher mussten die Kredite spätestens nach 13 Monaten zurückgezahlt werden. Die Banken müssen für den Rekordkredit jährlich nur ein Prozent Zinsen zahlen. Politiker hoffen, dass die Institute mit dem Geld Staatsanleihen kaufen. Experten warnen jedoch, das Darlehen bedeute eine indirekte Staatsfinanzierung und könnte zu erhöhter Inflation führen.