Verdacht auf Lohnbetrug Zweiter SAP-Betriebsrat legt Amt nieder

Beim Softwarekonzern SAP muss schon der zweite Betriebsrat das Unternehmen verlassen. Er soll über Jahre Hunderte Urlaubstage zu viel genommen haben – und wurde dabei offenbar von seinem Chef gedeckt.
SAP-Zentrale in Walldorf: Unruhe im Betriebsrat

SAP-Zentrale in Walldorf: Unruhe im Betriebsrat

Foto: Ralph Orlowski / REUTERS

Die Affäre um mutmaßliche Unregelmäßigkeiten beim SAP-Betriebsrat geht in die nächste Runde. Ein Betriebsratsmitglied, das bis zuletzt zugleich Aufsichtsratsmitglied war, habe mit sofortiger Wirkung seine Ämter niedergelegt, teilte das in Walldorf ansässige Softwareunternehmen mit. Zugleich einigten sich SAP und der Mann einvernehmlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Zu weiteren Details sei von beiden Seiten Stillschweigen vereinbart worden. Über den Rücktritt hatten zuvor die »Rhein-Neckar-Zeitung« und »Business Insider« berichtet.

Die Kündigung folgt auf eine interne Untersuchung, die neben dem Betriebsrat auch einen anderen Mitarbeiter seinen Job kostete: So musste erst im Juni der frühere Betriebsratschef des Unternehmens seinen Posten räumen. Ihm ist vom Unternehmen inzwischen gekündigt worden.

Untersuchungen wegen Lohnbetrugs

Gegen den nun gekündigten Mitarbeiter hat SAP intern wegen Verdachts des Lohnbetrugs ermittelt. Auslöser waren die Hinweise eines Whistleblowers. Der Betriebsrat soll mutmaßlich Urlaub genommen haben, ohne diesen korrekt abzurechnen und so über die Jahre Hunderte Urlaubstage angesammelt haben.

Der frühere Betriebsratschef soll in diesem Zusammenhang E-Mails manipuliert haben, um seinen Kollegen zu schützen. In internen Unterlagen warf SAP dem Mitarbeiter vor, in »mehrfacher Weise eine Aufklärung erschwert, Indiztatsachen unterdrückt« und dabei versucht haben, »die Ermittlung der Wahrheit zu verhindern«. Nun arbeiten beide Beschuldigten nicht mehr für das Unternehmen.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft Heidelberg prüft zudem im Zusammenhang mit einer angeblich manipulierten Aufsichtsratswahl den Vorwurf des versuchten Prozessbetrugs. Die Behörde geht dem Verdacht nach, dass ein SAP-Mitarbeiter 500.000 Euro bekommen sollte, um dem Betriebsrat bei der Wahl von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat zu helfen.

Der Fall war bekannt geworden, nachdem das Landgericht Heidelberg den zugrunde liegenden Vertrag in einem Rechtsstreit als sittenwidrig eingestuft hatte.

rai/dpa
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