
Anklage wegen vorsätzlichen Bankrotts Anton Schlecker droht lange Haft

Anton Schlecker muss sich vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat Anklage gegen den früheren Unternehmer sowie dessen Frau, Sohn und Tochter erhoben. Das sagte ein Sprecher der Behörde und bestätigte damit Medienberichte. Auch zwei Wirtschaftsprüfer seien angeklagt worden, sagte der Sprecher. Zu den Inhalten der Anklageschrift wollte er sich nicht äußern. Es werde am Donnerstag weitere Informationen geben, hieß es.
Im Falle von Anton Schlecker geht es nach Angaben der Staatsanwaltschaft um vorsätzlichen Bankrott in mehreren Fällen, bei seiner Frau Christa und seinen beiden Kindern Meike und Lars um die Beihilfe zum Bankrott. Schleckers Sohn und Tochter müssen sich demnach auch wegen Insolvenzverschleppung und Untreue verantworten.
Schlecker wird beschuldigt, angesichts der drohenden Insolvenz seiner Drogeriemarktkette Vermögen beiseitegeschafft zu haben. Das schreiben das "Handelsblatt", die "Stuttgarter Zeitung" und die "Stuttgarter Nachrichten". Dabei gehe es in 36 Fällen um insgesamt 20 Millionen Euro, berichten die beiden Stuttgarter Zeitungen. Gleich 13 dieser "Bankrott"-Straftaten soll Schlecker den Berichten zufolge "in besonders schwerem Fall" begangen haben. Das Gesetz sieht hierfür jeweils eine Höchststrafe von bis zu zehn Jahren vor.
Die Strafverfolger werfen Schlecker den Berichten zufolge auch vor, falsche Angaben in Bilanzen gemacht und eine Falschaussage an Eides statt abgegeben zu haben.
Anton Schlecker hatte seinen Milliarden-Konzern in Ehingen bei Ulm als "eingetragener Kaufmann" geführt, Privat- und Firmenvermögen waren damit nicht getrennt.
Geldgeschenke an die Enkel
Schlecker leitete die nach ihm benannte Drogeriekette bis zur Insolvenz. Damals hatte Schlecker noch 7000 Filialen und etwa 30.000 Mitarbeiter. Europas ehemals größte Drogeriekette hatte im Januar 2012 Insolvenz angemeldet. Etwa 25.000 Menschen verloren ihren Arbeitsplatz. Die Gläubiger forderten rund eine Milliarde Euro. Das Handelsunternehmen aus Baden-Württemberg hatte zu seinen Bestzeiten rund 9000 Märkte im In- und Ausland.
Konkret geht es bei den Vorwürfen um Geldgeschenke Schleckers an seine Enkelkinder in Höhe von rund 800.000 Euro. Das Geld floss im Frühjahr 2011, zu einem Zeitpunkt, als die Firma bereits Verluste in dreistelliger Millionenhöhe verzeichnete. Zudem soll Schlecker den Zeitungsberichten zufolge seiner Tochter Meike eine Reise nach Antigua im Wert von 60.000 Euro spendiert haben. Außerdem wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor, Kosten für Grundstücke seiner Kinder in Höhe von 300.000 Euro übernommen zu haben.
Schlecker hatte zudem in den Jahren vor der Pleite Immobilien und andere Firmenteile an seine Kinder und seine Ehefrau verkauft oder verschenkt. Ein Logistikzentrum im österreichischen Pöchlarn war nur sechs Tage vor Anmeldung der Insolvenz Ende Januar 2012 für 2,5 Millionen Euro an die Kinder abgetreten worden. Nach dem Insolvenzrecht müssen solche Geschäfte in der Regel rückgängig gemacht werden, wenn sie innerhalb von vier Jahren vor der Insolvenz getätigt werden.
Das Luxusanwesen durfte die Familie behalten
Noch schwerer ins Gewicht fallen könnten Millionensummen, die Schlecker mittels überhöhter Preise auf die LDG, eine Firma seiner Kinder Meike und Lars Schlecker, übertragen haben soll.
Als es mit dem Drogeriekonzern zu Ende ging, stellten sich die Kinder öffentlich vor die Eltern. Lars Schlecker ging zu den Beschäftigten in Betriebsversammlungen, Meike Schlecker gestand in einer Pressekonferenz das Scheitern der Unternehmerfamilie ein.
Zudem soll Schleckers Ehefrau Christa den Berichten zufolge im Juni 2012 von der LDG mehr als 50.000 Euro für Beraterleistungen erhalten haben. Die Ermittler beschuldigen Christa Schlecker der Beihilfe zum Bankrott in zwei Fällen.
Nach einem Streit um übertragenes Vermögen aus dem Unternehmen zahlte die Familie Schlecker dem Insolvenzverwalter gut ein Jahr nach der Pleite 10,1 Millionen Euro. Im Gegenzug durfte die Familie unter anderem ihr luxuriöses Anwesen in Ehingen behalten. Der Versuch eines österreichischen Investors, einen Teil der Filialen mit dem Konzept eines modernen Tante-Emma-Ladens wiederzubeleben, scheiterte 2013.
Zusammengefasst: Anton Schlecker, Namensgeber der insolventen Drogeriekette, ist wegen vorsätzlichen Bankrotts in 36 Fällen angeklagt. Seine Frau Christa und seinen beiden Kindern Meike und Lars müssen sich wegen Beihilfe verantworten, den Kindern wird zudem Insolvenzverschleppung und Untreue vorgeworfen. Die Unternehmer hatten 2012 Insolvenz angemeldet. Zuvor sollen sie Millionen beiseite geschafft haben.
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Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den Ex-Drogeriemarktkönig Anton Schlecker wegen vorsätzlichen Bankrotts erhoben. Der 71 Jahre alte Schlecker und weitere Familienmitglieder sollen kurz vor der Schlecker-Pleite Millionen beiseite geschafft haben.
Ein Bild aus besseren Tagen: Dieses undatierte Foto von Anton und Christa Schlecker hat der Drogeriekonzern einst an die Presse gegeben. Öffentlich aufgetreten sind die beiden kaum. Sie galten stets als eingespieltes Team. Auch nach der Pleite, so hört man, halten die beiden fest zusammen.
Unternehmer mit besonderem Stilempfinden: Dieses Foto entstand 1999, als Anton Schlecker als Zeuge vor Gericht erschien. Es ging um die Geiselnahme seiner beiden Kinder. Kurz vor Weihnachten 1987 waren Lars und Meike Schlecker als Teenager entführt und die Eltern erpresst worden. Die Täter wurden erst Jahre später gefasst und dann zu hohen Haftstrafen verurteilt.
Die Kinder Lars und Meike Schlecker traten erst dann öffentlich in Erscheinung, als das Unternehmen bereits große Probleme hatte. Die beiden versprachen frischen Wind. Doch dann fegte die Pleite Schlecker vom Markt.
In Ehingen sprechen sie vom "Glaspalast". Die ehemalige Schlecker-Zentrale auf der Schwäbischen Alb versprüht den Charme eines sozialistischen Prachtbaus. Doch das Ehepaar Schlecker fühlt sich darin offenbar so wohl, dass die Familie weiter Büros angemietet hat.
Anton Schlecker gilt als sparsam bis geizig, aber bescheiden war er offenbar nicht. Das Areal um seine Zentrale herum trug den Namen "Schleckerland". Allerdings versprühte es ähnlich wie die Läden den Charme früherer Jahrzehnte.
1975 legte Anton Schlecker mit seiner ersten Drogeriefiliale den Grundstein für seinen Konzern. Zeitweise hatte das Unternehmen mehr als 14.000 Filialen in 17 Ländern. Doch das Prinzip Masse funktionierte schon Mitte der Neunzigerjahre nicht mehr gut. Die Kunden mieden die abgewetzten Läden.
Als Schlecker Insolvenz anmeldete, hofften die Beschäftigten auf die Hilfe des Staates. Doch eine Transfergesellschaft scheiterte am Widerstand der FDP. Im Juni 2012 war klar, dass mehr als 13.000 Schlecker-Beschäftigte ihren Job verlieren.
Anton Schlecker im Jahr 1999: Der gelernte Metzgermeister aus Ulm hatte mit Schlecker innerhalb weniger Jahre ein Drogerieimperium gebaut...
... das 2012 nach fast vier Jahrzehnten wegen einer geplatzten Finanzierung von Lieferungen zerbrach. Am 23. Januar meldete Schlecker Insolvenz an. Gerüchte über Zahlungsschwierigkeiten hatte es schon vorher gegeben. Hatte Schlecker die Zeit genutzt, um Vermögenswerte beiseite zu schaffen?
Im Jahr zuvor hatte Schlecker mit dem Versuch begonnen, mittels einer Umbau- und Marketingkampagne das Billigimage der Kette aufzupolieren. Zu spät, wie sich danach zeigte.
Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz hoffte schließlich immer noch auf die Rettung von Teilen der Drogeriekette. Auf dem Bild ist neben Geiwitz Schlecker-Tochter Meike zu sehen, die auf einer Pressekonferenz am 30. Januar im Hinblick auf das Familienvermögen sagte: "Es ist nichts mehr da." Aber wo war das Geld hin?
Im Juni 2012 wurde bekannt, dass Anton Schlecker sein Privathaus im Wert von zwei Millionen Euro vor der Insolvenz an seine Frau übertragen hatte.
Ein zweites Grundstück soll sein Sohn Lars bekommen haben. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Untreue, Insolvenzverschleppung und Bankrott gegen Anton Schlecker ein. Hier ein Bild der beiden Kinder im Jahr 2011.
Im Hintergrund startete der Ausverkauf nachdem sich kein Investor für die Kette gefunden hatte.
2013 wollte der österreichische Investor Rudolf Haberleitner bis zu 600 ehemalige Schlecker-Filialen unter dem Namen Dayli wiederbeleben und Testläden in Deutschland eröffnen. Noch vor dem geplanten Deutschland-Start war der Schlecker-Nachfolger Dayli pleite.
Ebenfalls im Jahr 2013 zahlte die Familie Schlecker dem Insolvenzverwalter 10,1 Millionen Euro. Hintergrund war der Streit um übertragenes Vermögen aus dem Unternehmen.
Im April 2016 erhebt die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage gegen Anton Schlecker wegen vorsätzlichen Bankrotts. Der inzwischen 71 Jahre alte Schlecker und weitere Familienmitglieder sollen kurz vor der Schlecker-Pleite Millionen beiseite geschafft und dem Zugriff der Gläubiger entzogen haben.
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