Referendum zu Managergehältern Schweizer verordnen sich Anti-Abzock-Gesetz

Parteiloser Minder: "Ich bin froh, dass der lange Kampf vorbei ist"
Foto: MICHAEL BUHOLZER/ REUTERSBern - Gehälter und Boni von Managern werden in der Schweiz zukünftig schärfer reguliert. Nach dem Willen des Volkes müssen Regierung und Parlament nun eine gesetzliche Grundlage schaffen, mit der die Rechte der Kleinaktionäre erheblich gestärkt werden. Bei Zuwiderhandlungen drohen Unternehmensvorständen künftig Haftstrafen von bis zu drei Jahren sowie hohe Geldbußen. Für die entsprechende Volksinitiative "gegen Abzockerei" stimmten am Sonntag bei einem Referendum laut amtlichem Ergebnis 67,9 Prozent der Teilnehmer. Somit bekommt die Schweiz eines der schärfsten Aktienrechte der Welt.
Die Abzocker-Initiative, über die lange und heftig gestritten worden war, bekam die dritthöchste Zustimmung, die es je für ein Volksbegehren in der Eidgenossenschaft gab, wie die Schweizer Nachrichtenagentur sda berichtete.
Die vor mehr als fünf Jahren von dem mittelständischen Unternehmer und parteilosen Abgeordneten Thomas Minder eingebrachte Initiative zielt darauf ab, Exzesse bei Bonuszahlungen, Abfindungen und Gehältern für Manager börsennotierter Unternehmen durch die Stärkung der Aktionärsrechte zu unterbinden. Über die Höhe von Managervergütungen sollen die Aktionäre künftig jährlich entscheiden. Sondervergütungen wie Abgangsabfindungen oder Begrüßungsgelder für Spitzenmanager in Millionenhöhe sollen gänzlich verboten werden.
Schweizer Manager gehören zu den Spitzenverdienern:
- 15 Millionen Schweizer Franken (zwölf Millionen Euro) verdiente der Novartis-Chef Daniel Vasella im Jahr 2011.
- 12,5 Millionen Schweizer Franken gingen an den Roche-Chef Severin Schwan.
- 11,2 Millionen Franken bekam Paul Bulcke von Nestlé.
- Zehn Millionen Franken verdiente Ernst Tanner vom Schokoriesen Lindt & Sprüngli.
- Durchschnittlich acht Millionen Euro verdiente ein Konzernchef 2011 in der Schweiz - verglichen mit 6,7 Millionen Euro in Deutschland oder Großbritannien.
Bis zur vollen Umsetzung dürften allerdings noch mindestens ein bis eineinhalb Jahre vergehen. Regierung und Parlament müssen nun ein entsprechendes Gesetz auf der Basis des Initiativtextes erarbeiten und verabschieden. Justizministerin Simonetta Sommaruga hält die Frist von einem Jahr für "sehr sportlich", zitiert sie die "Neue Zürcher Zeitung ".
Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse, der die Initiative mit einer millionenteuren Kampagne bekämpft hatte, bedauerte die Annahme der Referendums. Zugleich versicherte der Verband aber in einer Mitteilung, der Wille des Volkes werde "selbstverständlich" respektiert. "Es geht jetzt darum, eine praxistaugliche Umsetzung sicherzustellen. Der Wirtschaftsdachverband wird sich konstruktiv in die Ausarbeitung der Ausführungsverordnung und in die konkrete gesetzliche Umsetzung einbringen", so Economiesuisse-Direktor Pascal Gentinetta.
Die langjährige "emotionale Debatte über Lohnexzesse vereinzelter Wirtschaftsführer" habe eine sachliche Diskussion über den Inhalt der Initiative stark behindert, bemängelte er. Vertreter der Wirtschaft und der bürgerlichen Parteien hatten vor allem vor Nachteilen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit von in der Schweiz ansässigen Konzernen gewarnt.
Auch nach der Abstimmung wird sich nichts ändern
Nach Ansicht der Schweizer "Handelszeitung " wird sich auch nach der Abstimmung nichts ändern. "Denn solange ein Unternehmen den Aktionären regelmäßig mehr Geld in die Tasche spült, ist es im Interesse aller Anteilseigner, Geschäftsleitung und Verwaltungsrat an Bord und das Schiff insgesamt auf Kurs zu halten. Deshalb werden weiterhin exorbitante Löhne ausbezahlt und die Kleinaktionäre werden weiterhin nichts zu sagen haben."
Minder äußerte sich erfreut über die klare Zustimmung. "Ich bin froh, dass der lange Kampf vorbei ist", sagte er. Nun beginne der Einsatz für die Umsetzung. "Man weiß ja, wie zerstritten das Parlament ist", sagte Minder. Die eidgenössischen Abgeordneten hatten jahrelang um die Initiative und Gegenvorschläge gerungen, bevor das Volksbegehren endlich am Sonntag zur Abstimmung gelangte.
Die politische Linke begrüßte das Resultat als Bestätigung eines Stimmungswandels in der Schweiz. Es sei ein "sehr positives Signal" für noch bevorstehende weitere Initiativen, die ebenfalls in Richtung mehr staatlicher Regulierung für die Wirtschaft zielen, erklärte der Abgeordnete der Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP), Jean Christophe Schwaab.
Die SP und Gewerkschaften streben künftig auch Volksinitiativen an, die einen gesetzlichen Mindestlohn ebenso vorschreiben sollen wie eine Obergrenze für die Gehälter der Chefs von Unternehmen. Sie soll nach diesen Vorstellungen beim Zwölffachen des Gehalts eines einfachen Angestellten liegen. Ob und wann es dazu tatsächlich Referenden gibt, ist jedoch noch unklar.
Laut "Handelsblatt" würde auch eine Mehrheit der Deutschen sich eine ähnliche Regelung wünschen. In einer repräsentativen Studie hätten sich rund 79 Prozent der Teilnehmer dafür ausgesprochen, "dass auch in Deutschland die Aktionäre Gehälter der Vorstände und Aufsichtsräte absegnen müssen", heißt es in der Online-Ausgabe.