Protest beim "Science Slam" Schmutzfontäne gegen Shell
Hamburg - Die PR-Profis von Shell hatten sich alle Mühe gegeben. Sie hatten für den Mittwochabend das Tempodrom gemietet, eine hippe Location in Berlin. Dort rief der Ölmulti zum sogenannten "Shell Science Slam", einer Art "Jugend Forscht"-Pendant im Gewand kalifornischer Start-up-Pitches. In zehn Minuten sollten engagierte Jung-Akademiker - möglichst spritzig - ihre Weltverbessererideen präsentieren. Moderiert wurde die Veranstaltung von Ex-MTV-Mann Markus Kavka, der zumindest in der Zeit des Musikfernsehens für viele ein Sympathieträger war.
Es hätte ein erfolgreicher Abend für Shell werden können. Doch es kam anders.
Kritische Menschen würden solche Veranstaltungen als PR-Gag bezeichnen, Aktivisten nennen sie oft "Greenwashing". Was übersetzt so viel heißt wie: Ein Unternehmen, das schmutzige Dinge tut, gibt sich mit ökologisch korrekten Schaufensterprojekten ein sympathischeres Image.
Aktivisten versuchen regelmäßig, solche Events zu stören. Und Jean Peters, ein Berliner Politik-Aktivist und früherer "taz"-Kolumnist, hatte für Shells PR-Show einen gleichsam PR-trächtigen Plan: "Was ist das Subversivste, was man gegen Grünwascherei auffahren kann?", fragte er sich wohl. Die Antwort lautet: Schmutz. Also bewarb sich Peters unter dem Pseudonym Paul von Ribbeck beim "Science Slam". Mit einer wundersamen Maschine. Er wurde eingeladen.
Mittwoch, 11. Dezember, Berliner Tempodrom: Der "Science Slam" wird immer wieder von Protestaktionen unterbrochen. Zu den Störaktionen gehören laut "taz" ein Spontan-Rap über das ölverseuchte Niger-Delta, über das schwarze Blut der Erde, nach dem Shell dort bohrt. Es gibt auch einen Nachwuchswissenschaftler, der Bilder von Snowboardern in der Wüste zeigt - als ironische Warnung gegen den Klimawandel, den unter anderem das CO2-haltige Benzin beschleunigt, das aus Shells Öl hergestellt wird.
Peters alias Paul von Ribbeck und sein Partner betreten als letzte die Bühne. "Wir drehen den Spieß um: Autos reinigen die Luft!", so der Slogan ihrer Powerpoint-Präsentation. Daneben ein von grünem Gras überzogenes Auto. Darunter: das Logo von Shell. Peters startet seine Wundermaschine.
Das Experiment geht scheinbar schief. Die Maschine produziert keine blütenreine Luft. Stattdessen spritzt eine falsche Ölfontäne aus ihr heraus. "Oh", ruft Peters in gespieltem Erstaunen. "Oh, oh." Die braune Brühe besprenkelt sein Hemd, seinen Partner, den Boden des Tempodroms. Optisch gleicht Peters jetzt Daniel Day-Lewis im Film "There Will Be Blood".
"Hier kann man den Stecker ziehen", ruft er. "In der Arktis nicht." In der Arktis, einer ökologisch hochsensiblen Region, bohrt Shell nach Öl .
Wenig später bricht der Konzern die Veranstaltung ab. Aus Sicherheitsgründen, wie Shell auf Anfrage mitteilt. "Wir respektieren andere Meinungen, aber es wäre uns lieb, wenn der Dialog sachlich und konstruktiv geführt wird", sagt eine Sprecherin. "Das gebietet schon die Rücksicht gegenüber den anderen Zuschauern und dem Bauherrn. Wir fanden die Aktion nicht zielführend." Veranstaltungen wie den "Shell Science Slam" wolle man aber auch künftig durchführen.