Russland-Geschäft
Hinweise auf erneute systematische Bestechung bei Siemens
Auch nach dem großen Korruptionsskandal bei Siemens gibt es nach SPIEGEL-Informationen Hinweise auf systematische Schmiergeldzahlungen. Ein Teil des Geldes soll an die russische Regierungspartei geflossen sein.
13 Jahre nach dem Korruptionsskandal bei Siemens liefern Akten der Staatsanwaltschaft Augsburg nach SPIEGEL-Informationen Hinweise, dass beim Verkauf von Siemens-Produkten in Russland weiter systematisch geschmiert wurde.
Demnach hat ein Geschäftsmann aus Neu-Ulm, den Siemens 2007 zum offiziellen Verkäufer für Tomografie-Röhren in Russland bestimmt hatte, bis 2011 Beamte in mehreren Regionen bestochen. Ein Teil des Schmiergelds soll dabei in den Wahlkampf der russischen Regierungspartei "Einiges Russland" geflossen sein.
Besonders brisant sind die Hinweise vor dem Hintergrund, dass die US-Börsenaufsicht SEC gegen Siemens und andere Hersteller wegen des Verdachts auf ähnliche Praktiken in China Ermittlungen aufgenommen haben soll.
Siemens bestreitet Mitwisserschaft in der Konzernzentrale
Die Augsburger Ermittlungen endeten in diesem Mai nach sieben Jahren mit der Einstellung des Verfahrens gegen den geständigen Kaufmann, der eine Geldauflage in sechsstelliger Höhe zahlen musste. Schon 2012 war der Fall in Russland aufgedeckt worden. Ein korrupter Beamter erhielt dort eine Haftstrafe von acht Jahren, andere Staatsbedienstete, darunter ein Ex-Gouverneur, sind flüchtig.
Die Augsburger Staatsanwälte stießen in den Ermittlungen auf Indizien, dass Siemens in Erlangen die Praktiken des Zwischenhändlers gedeckt haben könnte, um Verkäufe anzukurbeln. So hatte der Konzern den Zwischenhändler für den Verkauf von Tomografen autorisiert, obwohl der Mann keine Erfahrung im Medizingeschäft vorweisen konnte. Außerdem standen Geldwäsche-Vorwürfe gegen ihn im Raum und er musste 2009 mit einer anderen Firma Insolvenz anmelden.
Die bei Siemens vorgeschriebenen Compliance-Prüfungen, mit denen Geschäftspartner auf Seriosität kontrolliert werden, durchlief er gleichwohl jahrelang ohne Einwände.
Siemens bestreitet jede Mitwisserschaft in der Konzernzentrale. Dass bei der Vielzahl von Partnern weltweit einer dabei sei, der sich nicht an die Regeln halte, lasse sich bei aller Sorgfalt nicht ausschließen. Siemens dulde aber keine Verstöße. Von Geld, das bei der Putin-Partei "Einiges Russland" gelandet sein soll, höre man zum ersten Mal.