Frankfurt statt New York Siemens plant Mega-Börsengang für Medizintechnik in Deutschland

Siemens-Vorstand Michael Sen
Foto: Rolf Vennenbernd/ dpaDer Frankfurter Börse steht im kommenden Jahr voraussichtlich der größte Börsengang seit dem der Deutschen Telekom vor 20 Jahren ins Haus: Der Industriekonzern Siemens will seine Medizintechnik-Tochter Healthineers in der deutschen Finanzmetropole und nicht in New York an die Börse bringen. "Frankfurt ist eines der weltweit größten Wertpapierhandelszentren, dessen Bedeutung vor dem Hintergrund des Brexit weiter zunehmen wird", sagte Siemens-Vorstand Michael Sen.
Betriebsrat und IG Metall reagierten erleichtert, dass der Börsengang in Frankfurt geplant sei. Der für Healthineers zuständige Sen hatte auch mit New York geliebäugelt. Dort sind die meisten Konkurrenten in der Medizintechnik gelistet. Allerdings spricht laut Investmentbankern immer weniger für einen Börsengang im Ausland, weil Investoren an allen großen, liquiden Börsenplätzen aktiv sind. In den USA schrecken deutsche Firmen vor allem die strengen Börsenvorschriften ab. London war wegen des geplanten Brexit schnell aus dem Rennen.
Analysten schätzen den Wert der Sparte auf 40 Milliarden Euro und sehen gute Chancen für eine Aufnahme in den Leitindex Dax. Die Sparte erwirtschaftet mit weltweit 47 000 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 14 Milliarden Euro, den größten Teil davon in den USA.
Neues Kapital und hervorragende Aussichten
Siemens sieht in dem umsatzstarken und profitablen Geschäft mit Computertomographen und anderer Medizintechnik wenig Synergien mit dem industriellen Kerngeschäft. Sen zufolge bekomme die Sparte mit dem Börsengang unternehmerische Flexibilität und Zugang zum Kapitalmarkt, um profitabel zu wachsen. Nach seinen bisherigen Aussagen wird der Elektrokonzern "mittelfristig die Führung behalten".
Siemens Healthcare-Betriebsratschefin Dorothea Simon sagte: "Diese Entscheidung ist eine gute Nachricht für die rund 12 000 Beschäftigten von Healthineers in Deutschland." Ihr Unternehmen bekomme neues Kapital und hervorragende Aussichten auf einem schnell wachsenden Zukunftsmarkt. Mitbestimmung, Tarif- und Arbeitsbedingungen blieben erhalten.
Aufsichtsratsmitglied Reinhard Hahn betonte: "An der Wall Street wäre die Mitbestimmung auf Unternehmensebene gekippt worden." Der Börsengang der Medizinsparte zeige, dass sich wirtschaftliche Weichenstellungen und die Interessen der Beschäftigten "durchaus unter einen Hut bringen lassen - wenn das Management offen für einen konstruktiven Austausch ist", sagte der Gewerkschafter mit Blick auf den Streit über den Abbau von 6900 Stellen in der Kraftwerkssparte.
Geplant ist der Börsengang für das erste Halbjahr 2018. Ende März will der Konzern startbereit sein, um dann die nächstbeste Gelegenheit nutzen zu können.
Mit dem Börsengang will Siemens zum einen den Wert seiner renditeträchtigsten Sparte stärker ins Bewusstsein der Anleger bringen. Zum anderen soll sie damit die Möglichkeit bekommen, Übernahmen mit eigenen Aktien zu bezahlen.