Ifo-Index erneut gesunken Wirtschaftsforscher warnen vor hartem Winter

Das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer steht auf dem niedrigsten Stand seit 2020. Vor allem die laufenden Geschäfte machen den Firmen Sorgen. Der Ausblick hellte sich zwar auf, aber Entwarnung sehen die Unternehmen nicht.
Mechaniker an einer Dampfturbine: Die deutsche Wirtschaft leidet

Mechaniker an einer Dampfturbine: Die deutsche Wirtschaft leidet

Foto: Rupert Oberhäuser / IMAGO

Die Stimmung in den Chefetagen deutscher Firmen hat sich wegen der Energiekrise und Rezessionssorgen im Oktober weiter verschlechtert. Der entsprechende Geschäftsklimaindex fiel um 0,1 Punkte auf 84,3 Zähler, wie das Münchner Ifo-Institut mitteilte.

Das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer rutschte mit dem aktuellen Dämpfer auf den niedrigsten Stand seit Mai 2020. Zu Beginn der Coronakrise war der Ifo-Index zeitweise noch deutlich tiefer gefallen. Das Ifo-Institut befragt für den Index monatlich 9000 Führungskräfte zur aktuellen Lage und zu den wirtschaftlichen Aussichten.

Die Manager beurteilten ihre Geschäftslage im Oktober zwar schlechter, bewerteten die Aussichten allerdings weniger düster als zuletzt. »Trotzdem blicken die Unternehmen sorgenvoll auf die nächsten Monate. Die deutsche Wirtschaft steht vor einem schweren Winter«, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Auch Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, sieht keine Entwarnung. »Der Trend weist klar nach unten«, sagte er. »Ich erwarte weiter, dass die deutsche Wirtschaft im Winterhalbjahr schrumpfen wird.«

Besonders schlecht sind die Erwartungen im Einzelhandel und im Baugewerbe. Der Indikator der Geschäftslage im Bauhauptgewerbe fiel auf den niedrigsten Stand seit Januar 2016. Auch der Ausblick trübte sich weiter ein. Der Auftragsbestand war rückläufig.

Deutschland an der Schwelle zur Rezession

Den deutschen Bauunternehmen brechen wegen steigender Materialkosten und höherer Zinsen die Aufträge weg. Das Neugeschäft im Bauhauptgewerbe fiel im August um sechs Prozent zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es inflationsbereinigt sogar ein Minus von 15,6 Prozent – das ist bereits der fünfte Rückgang in Folge und zugleich der stärkste seit Beginn dieser Zeitreihe im Jahr 2015.

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie hat seine Jahresprognose nun kräftig nach unten korrigiert. »Wir halten einen realen Umsatzrückgang von fünf Prozent für realistisch«, sagte Präsident Peter Hübner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Anfang des Jahres hatte der Verband noch mit einem Plus von 1,5 Prozent gerechnet. Laut Hübner befürchten die Firmen, dass vielen Bauherren das Geld ausgeht.

Das insgesamt trübe Stimmungsbild in der Wirtschaft passt auch zur Einschätzung der Bundesbank, die Deutschland an der Schwelle zur Rezession sieht. Sie versteht darunter einen deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgang der Wirtschaftsleistung.

Die hohe Inflation und die Unsicherheit über die Energieversorgung lasten auf der deutschen Konjunktur. Bereits im zurückliegenden Sommerquartal könnte das Bruttoinlandsprodukt laut Bundesbank schon nicht mehr gewachsen sein. Im gerade begonnenen Winterhalbjahr werde es dann wohl deutlich sinken, so die Volkswirte der Bundesbank.

Für die am Freitag anstehenden Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal erwarten Experten einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent. Im Frühjahr war beim BIP nur ein Miniwachstum von 0,1 Prozent herausgesprungen.

mmq/Reuters/dpa
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