Solarförderung Kuhhandel mit dem Klimaschutz

Solarpark in Freiberg: Image ist alles
Foto: dapdSie feiern es als Kompromiss, als großen Friedensschluss. Doch das, was Umweltminister Norbert Röttgen und sein Kollege Philipp Rösler aus dem Wirtschaftsministerium am Mittag verkündeten, hat mit vernünftiger Energiepolitik nichts mehr zu tun. Es ist ein Tauschgeschäft, das weder aus ökonomischer noch aus ökologischer Sicht Sinn ergibt. Ein Kuhhandel, bei dem Ideologie vor Klimaschutz geht.
Zwei Dinge wurden miteinander verquickt. Da ist auf der einen Seite die Solarenergie, eine derzeit noch sehr teure Technik der Ökostromerzeugung. Weil sie großzügig gefördert wird, mit einer Umlage auf die Stromrechnung, die die Deutschen allein im vergangenen Jahr rund sieben Milliarden Euro kostete, erlebt sie seit Jahren einen Boom. Diesen wollte die Regierung durch Kappung der Förderung begrenzen. Doch das hat sie kaum getan.
Und da ist auf der anderen Seite das Thema Effizienz, die beste und günstigste Art, die Energiewende voranzutreiben. Die EU will den Energiekonsum um jährlich 1,5 Prozent senken und dafür die Energieversorger in die Pflicht nehmen. Die Richtlinie lässt ausdrücklich eine Menge Spielraum, wie das geschieht. Denkbar wäre etwa ein neues Programm zur Gebäudedämmung. Die Bundesregierung will den EU-Vorstoß nun blockieren.
Image ist alles
Dieser Kuhhandel hat viel mit falscher Wahrnehmung zu tun. Die Solarindustrie wird als zu gut wahrgenommen, Energieeffizienz dagegen als nicht gut genug.
Die Solarbranche profitiert massiv von ihrem Öko-Image. Sonnenstrom ist eine Technik, die ein gutes Gewissen macht. Ihre glitzernden Paneele faszinieren. Welchen Glamour-Faktor hat dagegen eine schnöde Dämmplatte?
60 Prozent der Deutschen sind der Meinung, die Politik tue zu wenig für den Ausbau der Photovoltaik. Es ist das ultimative Wellness-Produkt, mit dem Politiker vor ihren Wählern gut dastehen. Wer ihre hohen Kosten kritisiert, wird als Atom-Lobbyist abgestempelt.
Dabei hat die Solarindustrie selbst eine sehr schlagkräftige Lobby - die ihre Interessen ähnlich aggressiv durchsetzt wie die Atom- oder Pharmaindustrie. Nur dass viele das nicht wahrhaben wollen.
Von Telefonlawinen und Waldrodungen
Es passt einfach nicht zum Gutmenschen-Klischee, dass der Interessenverband BSW-Solar in internen Schreiben damit brüstet, wie er seine "guten FDP-Kontakte" nutzt, um die eigenen Belange durchzusetzen.
Oder dass der BSW-Solar Hunderte Firmen zu einer Telefonlawine bei Abgeordneten und in Ministerien aufruft, um eine Kürzung der Förderung abzuwenden - und eine Liste mit den entsprechenden Telefonnummern gleich mitschickt.
Oder dass die Solarfirmen Juwi und Procon mal eben 650 Hektar Wald roden lassen wollen , mitten im Naturschutzgebiet, um den wahrscheinlich größten Solarpark der Welt zu bauen.
Auch passt es nicht zum Gutmenschen-Klischee, dass vor allem die sozial Schwachen leiden, wenn die Strompreise mal wieder durch die hohe Solarförderung steigen.
Und das auch noch unnötig: Denn die Kosten für Solaranlagen fallen durch den technischen Fortschritt rapide. Doch in Deutschland werden schon jetzt, da die Technik noch sehr teuer ist, Hunderttausende Anlagen gebaut. Ist eine Anlage aber erst einmal gebaut, wird ihr Strom die kommenden 20 Jahre zu einem garantierten Satz vergütet. Für alle bislang installierten Solaranlagen fallen insgesamt schon jetzt Kosten von mehr als 100 Milliarden Euro an.
Keine Lobby für Energieeffizienz
Jetzt will der BSW-Solar seine Mitglieder mobilisieren. Der Röttgen-Rösler-Beschluss würde die Existenz der Branche bedrohen, wettert der Verband.
Eine dreiste Übertreibung: Die Förderung für kleine Dachanlagen etwa wird nun nicht mehr am 1. Juli um 15 Prozent gekürzt, sondern am 9. März um 20 Prozent. Dazu wird nicht mehr aller Solarstrom gefördert, einen Teil müssen Betreiber von Dachanlagen künftig selbst verbrauchen - was viele ohnehin schon tun. Die Förderung größerer Anlagen wird stärker gekürzt, aber auch noch in einem für Projektierer verkraftbaren Rahmen.
Die Solarindustrie ist glimpflich davongekommen, es hätte auch einen Deckel geben können. Dennoch wollen ihre Mitglieder am Donnerstag in zahlreichen Städten demonstrieren. Und die Interessenvertretung der Effizienz ? Die meldete sich bislang gar nicht zu Wort.