Sozialversicherungen Tarifflucht und Lohndumping führen zu Milliardenschäden

Werden Löhne gedrückt, belastet das die Sozialversicherungen – Berechnungen des Gewerkschaftsbundes zufolge mit 30 Milliarden Euro jährlich. Dieses Geld fehle für sozialen Ausgleich und Investitionen.
Zöllner bei einer Razzia in einem Nagelstudio (Archivbild)

Zöllner bei einer Razzia in einem Nagelstudio (Archivbild)

Foto: Marius Becker / dpa

Lohndumping und Tarifflucht sind für die Sozialversicherungen in Deutschland ein großes Problem. Etwa 30 Milliarden Euro jährlich entgehen so den sozialen Sicherungssystemen jedes Jahr, wie aus einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland unter Berufung auf Berechnungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hervorgeht.

Laut dem Bericht belaufen sich die Mindereinnahmen für die Sozialversicherungen im Westen auf 19,5 Milliarden Euro, im Osten auf 10,3 Milliarden Euro. Die Berechnungen, die dem DGB zufolge auf der Verdienststrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes beruhen, nehmen Bund, Länder und Kommunen durch Lohndumping und Tarifflucht auch rund 18 Milliarden weniger an Einkommensteuer ein.

»Die Tarifbindung zu stärken, gehört zu den dringenden Aufgaben der nächsten Bundesregierung«, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell den Zeitungen. Tarifflucht koste die Allgemeinheit Milliarden, so Körzell. »Dieses Geld fehlt für den sozialen Ausgleich und für dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur und in Bildung.«

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In Ostdeutschland nur 43 Prozent der Jobs tarifgebunden

Die mangelnde Tarifbindung wirkt sich laut den DGB-Berechnungen auch unmittelbar auf die Kaufkraft der Beschäftigten aus: Insgesamt rund 42 Milliarden Euro mehr hätten die Beschäftigten laut Gewerkschaftsbund pro Jahr im Portemonnaie, wenn es eine flächendeckende Tarifbindung geben würde. 2020 waren laut dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung nur 53 Prozent der Beschäftigten im Westen und 43 Prozent im Osten tarifgebunden.

Körzell schlug vor: »Wir brauchen ein Bundestariftreuegesetz, damit öffentliche Aufträge und Fördergelder nur noch an tarifgebundene Unternehmen gehen.« Bei einem öffentlichen Auftragsvolumen von schätzungsweise bis zu 500 Milliarden Euro jährlich wäre eine zwingende Tariftreueregelung ein enormer Anreiz für Unternehmen, sich an Tarifverträge zu binden, argumentierte er. Zudem müsse es leichter werden, Tarifverträge für alle Unternehmen einer Branche allgemeinverbindlich zu erklären.

apr/AFP/Reuters
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