Staatsschulden Investoren zwingen Italien Rekordzinsen auf

Spekulanten wetten gegen Italien - und verschärfen damit die Schuldenkrise. Für zehnjährige Staatsanleihen verlangen sie so hohe Zinsen wie seit 14 Jahren nicht mehr, die Kreditaufnahme wird für Rom richtig teuer. Deutschland profitiert von der Panik und kommt so günstig an Geld wie nie.
Euro-Symbol vor der Europäischen Zentralbank: Comeback der Anlegerpanik

Euro-Symbol vor der Europäischen Zentralbank: Comeback der Anlegerpanik

Foto: Ralph Orlowski/ Getty Images

Frankfurt am Main/Rom - Die Beschwichtigungsversuche der EU-Finanzminister dringen nicht durch. Bei den Anlegern breitet sich Panik aus: Weitet sich die europäische Schuldenkrise aus? Im Fokus steht Italien - das Land bekommt die Angst der Investoren deutlich zu spüren. Die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen kletterte erstmals seit 1997 - also noch vor der Euro-Einführung - über die Marke von sechs Prozent.

An der Höhe der Rendite bemisst sich die Gefahrenzulage, die Investoren für das jeweilige Land verlangen. Der Höchstwert lag am Dienstag bei 6,016 Prozent. Damit ist die Rendite allein seit Anfang Juli um mehr als einen Prozentpunkt gestiegen.

Auch in Spanien kletterten die Renditen zeitweise auf 6,191 Prozent. Zum Vergleich: In Griechenland, Irland und Portugal, also den Ländern, die bereits unter den Euro-Rettungsschirm geflüchtet sind, liegen die zehnjährigen Zinsen aktuell bei 16 Prozent, 12,7 Prozent und 12,2 Prozent - also deutlich höher als in Italien und Spanien.

Trotz Turbulenzen kann Italien neue Schulden aufnehmen

Im Laufe des Tages entspannte sich die Lage an den Rentenmärkten Italiens und Spaniens wieder etwas. Gegen Mittag lag die Rendite in Italien wieder deutlich unter der Sechs-Prozent-Marke, in Spanien knapp darüber.

Grund dafür war offenbar eine gute Nachricht: Italien konnte sich trotz der turbulenten Märkte am Dienstag refinanzieren. Bei einer Auktion von Staatsanleihen mit einjähriger Laufzeit nahm der italienische Staat 6,75 Milliarden Euro ein. Allerdings musste das Land dabei einen Aufpreis zahlen.

Der durchschnittliche Zins für die Papiere mit einer Laufzeit von 367 Tagen sei im Vergleich zu einer ähnlichen Auktion im Juni von 2,147 Prozent auf aktuell 3,67 Prozent gestiegen, teilte das Finanzministerium mit. Die Nachfrage ging zurück: Die Papiere waren den Angaben zufolge nur 1,55fach überzeichnet gewesen, nach einer 1,71fachen Überzeichnung im Juni. Angesichts der widrigen Umstände sprachen Marktbeobachter dennoch von einer recht gut verlaufenen Auktion.

Die erfolgreiche Ausgabe der Anleihen beruhigte trotz der hohen Zinsen die Händler an den Aktienmärkten. Der italienische Leitindex FTSE Mib an der Mailänder Börse lag am frühen Nachmittag nur noch 0,25 Prozent im Minus, nachdem er am Morgen in den ersten Handelsminuten um vier Prozent abgestürzt war.

Preise für Kreditausfallversicherungen schießen nach oben

Händler spekulierten zudem über Anleihenkäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB). Im Mai 2010 hatte die Notenbank im Zuge der Griechenland-Rettung damit begonnen, Staatsanleihen am Sekundärmarkt zu kaufen. Seit mittlerweile 15 Wochen hatte die EZB aber nach eigenen Angaben keine Anleihen mehr erworben.

Die Sorgen der Anleger vor einer Schuldenkrise in Italien spiegelt sich auch in den Preisen für Kreditausfallversicherungen, sogenannten Credit Default Swaps (CDS), wider. Diese erreichten am Dienstag Rekordwerte. Der Kurs für einen Versicherungskontrakt auf italienische Staatsanleihen stieg von 300 auf zeitweise 343 Basispunkte. Das bedeutet, dass ein Investor 343 Euro zahlen musste, um Anleihen im Wert von 10.000 Euro für ein Jahr gegen einen Ausfall zu versichern. Zum Vergleich: CDS auf spanische Anleihen kosteten zeitweise 380 Euro pro 10.000 Euro, für die Absicherung portugiesischer Anleihen mussten die Investoren sogar 1187 Euro zahlen.

Deutschland kann von der starken Unsicherheit der Anleger profitieren: Der Zahlungsfähigkeit der Bundesrepublik vertrauen die Anleger. Die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen sank am Dienstag zeitweise auf rund 2,5 Prozent. So niedrig war der Wert kaum je zuvor. Nur im August 2010 ließ die Furcht der Anleger vor einem erneuten Abrutschen der Weltwirtschaft in die Rezession die Rendite für die zehnjährige Bundesanleihe für kurze Zeit auf etwa 2,1 Prozent abrutschen, sagte ein Anleihe-Experte.

Für deutsche Staatsanleihen mit einer kurzen Laufzeit von zwei Jahren liegt die Zinslast mit aktuell rund 1,32 Prozent sogar deutlich unter dem Leitzins der Europäischen Zentralbank von aktuell 1,5 Prozent. In der kurzen Laufzeit kann sich der deutsche Staat damit günstiger mit frischem Geld eindecken als die Geschäftsbanken in der Euro-Zone.

mmq/stk/Reuters/dpa-AFX
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