Zunehmende Liquiditätsprobleme Stadtwerke rufen nach Rettungsschirm

Die massiv steigenden Gas- und Strompreise bringen viele Stadtwerke in Bedrängnis. Der Branchenverband VKU warnt vor einer Insolvenzwelle und fordert eine Verständigung über mögliche Staatshilfen.
Gasspeicher der Stadtwerke Kiel: »Eine Insolvenzwelle wollen wir natürlich verhindern«

Gasspeicher der Stadtwerke Kiel: »Eine Insolvenzwelle wollen wir natürlich verhindern«

Foto: Axel Heimken / dpa

Die Stadtwerke in Deutschland warnen angesichts der explodierenden Kosten für Strom und Gas vor einer breiten Zahlungsunfähigkeit der Kunden und Insolvenzen in den eigenen Reihen. »Wir brauchen eine Verständigung von Bund und Ländern, was die Liquiditätsprobleme der Stadtwerke und den Aufbau eines Rettungsschirms betrifft«, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), Ingbert Liebing, der Nachrichtenagentur Reuters.

Bislang lagen die Zahlungsausfälle laut Liebing deutlich unter ein Prozent des Umsatzes aus gelieferten Mengen. Das sei »verkraftbar«. Bei Werten von 5, 10 oder gar 20 Prozent könnte es aber »für die Stadtwerke bedrohlich werden.« Der VKU vertritt die Interessen von mehr als 1500 Unternehmen, darunter vor allem Stadtwerke, mit einem Umsatz von rund 123 Milliarden Euro.

»Wir merken schon, dass die Lage angespannter wird«, so Liebing weiter. »Noch vor wenigen Monaten war es so, dass wir die Risiken am Horizont erkannt haben und gesagt haben, darauf müssen wir uns vorbereiten. Aber jetzt stellen wir fest, dass bestimmte Probleme, Liquiditätsprobleme, akuter werden.« Die Stadtwerke seien in der Summe systemrelevant. »Eine Insolvenzwelle wollen wir natürlich verhindern, das ist unser oberstes Ziel.«

Preise haben sich zum Teil verzwölffacht

Die Energiebranche ist in Aufruhr. Die Gas-Lieferkürzungen Russlands haben in den vergangenen Monaten die Preise durch die Decke gehen lassen. Große Gasimporteure wie Uniper oder die Leipziger VNG müssen mit Milliardensummen gestützt werden, weil sie die Ausfälle Russlands mit hohen Verlusten am teuren Spotmarkt decken müssen.

Doch auch die »zweite Reihe« – die Stadtwerke und Regionalversorger – schlägt Alarm. »Wenn für den Gaseinkauf jetzt das Zehnfache, das Zwölffache von dem bezahlt werden muss, wie es in der Vergangenheit üblich gewesen ist, dann stellt das die Stadtwerke, die erst einmal einkaufen müssen, bevor sie verkaufen können, vor gewaltige finanzielle Herausforderungen«, sagte Liebing. Hinzu komme, dass nicht nur für den Handel an der Börse, sondern auch außerhalb im direkten Geschäft, wo die meisten Stadtwerke aktiv seien, inzwischen höhere Kautionen zur Absicherung gefordert würden.

Wenn Stadtwerke ihre gesamte Liquidität und ihren gesamten Kreditrahmen für den Handel bräuchten, bleibe kein Spielraum mehr für Investitionen in die Energiewende, warnte der VKU-Experte. Das von der Bundesregierung aufgelegte 100 Milliarden Euro schwere Hilfsprogramm der Förderbank KfW helfe nur jenen, die an der Börse handelten. Es müsse nachgebessert werden. Möglich sei, dass die 100 Milliarden Euro nicht ausreichten, wenn das Programm auf den Handel außerhalb der Börse ausgeweitet werde.

dab/Reuters
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