Standard & Poor's
Rating-Riese tauscht seinen Boss aus
Chefwechsel in stürmischen Zeiten: Deven Sharma, Chef von Standard & Poor's, dankt ab. Offenbar stört er sich an Umstrukturierungen des Konzerns. Der Abgang kommt zur Unzeit. Die Rating-Agentur steht derzeit massiv in der Kritik, weil sie Amerikas Kreditwürdigkeit herabgestuft hat.
Hamburg - Die Personalie sorgt für Wirbel, denn sie kommt für
Standard & Poor's zur Unzeit: Deven Sharma ist laut "Financial Times" und "Wall Street Journal" bald nicht mehr Chef von Standard & Poor's (S&P). Die
Rating-Agentur plane seit längerem einen Wechsel an der Spitze, noch am Dienstag wolle sie Details dazu bekanntgeben.
Sharma ist seit 2007 S&P-Chef. Den Berichten zufolge legt er sein Amt schon am 12. September nieder. Sein Nachfolger werde Douglas Peterson, bislang leitender Geschäftsführer der Citibank Japan.
Der Finanzdienstleister Standard & Poor's steht derzeit massiv in der Kritik. Am 5. August hatte die Agentur die Kreditwürdigkeit Amerikas herabgestuft - das erste Mal in der Geschichte der Nation. Die Folge:
heftige Turbulenzen an den Börsen. Die Kurse rauschten weltweit in die Verlustzone.
Die US-Börsenaufsicht SEC
ermittelt mittlerweile gegen S&P wegen möglicher Insidergeschäfte im Zusammenhang mit der Herabstufung der USA. Das US-Justizministerium
untersucht Berichten zufolge, ob S&P in den Jahren vor der Finanzkrise unzählige Immobilienkredite falsch bewertet hat.
Neuausrichtung des Rating-Konzerns
Nun sorgt Sharmas Rücktritt für zusätzlichen Wirbel - auch wenn die Personalie offenbar nichts mit dem kontroversen Amerika-Rating zu tun hat. Sharmas Rücktritt sei bereits vor der Herabstufung der US-Bonität durch S&P am 5. August in Planung gewesen, berichtet die "Financial Times".
Laut "Wall Street Journal" wollte der 55-jährige Manager Standard & Poor's bereits seit Anfang des Jahres verlassen, nachdem er durch interne Umstrukturierungen an Macht eingebüßt hatte.
Hintergrund ist offenbar ein Aktionärsstreit über die Neuausrichtung des S&P-Mutterkonzerns McGraw-Hill, einem US-Medienriesen, der unter anderem die renommierte Wirtschaftszeitung "BusinessWeek" publiziert. Zwei der größten Konzernaktionäre drängen demnach darauf, die Rating-Agentur vom Konzern abzuspalten. Nur so ließe sich die Unabhängigkeit von Ratings gewährleisten, die Kunden von McGraw-Hill betreffen. Bei den Aktionären handelt es sich
laut "FT" um den Hedgefonds Jana Partners und den Ontario Teachers' Pension Fund, die gemeinsam rund 5,6 Prozent der McGraw-Hill-Aktien halten.
Vorbild für die Abspaltung ist laut der Nachrichtenagentur Reuters die Rating-Agentur Moody's. Diese war bereits vor zehn Jahren aus einem Unternehmenskonglomerat namens Dun & Bradstreet herausgelöst worden. Die Personalie bei S&P ist nur die neuste von mehreren Wechseln im Management von McGraw-Hill, die Konzernchef Terry McGraw angestoßen hat.