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Schlechte Auslandsinvestments: Was Deutschland sich schenken könnte

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Kapitalvernichtung im Ausland Porsche für alle!

Deutsche Unternehmen sind exzellente Exporteure - aber miserable Auslandsinvestoren. Allein seit 2006 sind so 600 Milliarden Euro vernichtet worden. Ebensogut hätte man all die ausgeführten Porsches und Miele-Küchen gleich verschenken können, zum Beispiel an die Bundesbürger.

Hamburg - Die Welt reißt sich um deutsche Produkte. Und zwar nicht nur um die klassischen Exportschlager Autos, Maschinen und Chemie - auch Küchengeräte, Füllfederhalter oder Luxus-Armbanduhren "made in Germany" sind heiß begehrt. Für die deutsche Wirtschaft lohnt sich das: Im vergangenen Jahr überstiegen die Ausfuhren die Einfuhren um 188,1 Milliarden Euro - ein gigantischer Exportüberschuss.

Diesem Überschuss in der Leistungsbilanz steht nach den Regeln der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ein entsprechender Kapitalexport gegenüber. Vereinfacht gesagt: Mit jeder Ware, die wir exportieren, ohne dass dem ein entsprechender Import gegenübersteht, wird Deutschland ein Stück mehr zum Eigentümer und Gläubiger der übrigen Welt.

Das Problem ist nur: Die Deutschen sind zwar exzellente Produzenten, aber miserable Investoren. Zumindest im Ausland. Sie scheinen schlicht unfähig zu sein, das mit ihren Produkten verdiente Geld dort auch wieder gewinnbringend anzulegen. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (hier im PDF-Format ) macht das Ausmaß der Misere deutlich. Demnach haben deutsche Investoren allein von 2006 bis 2012 im Ausland 600 Milliarden Euro verbrannt.

Das britische Wirtschaftsmagazin "Economist" stellt angesichts dieser Zahlen fest, die deutschen Handelsbilanzüberschüsse seien "spektakulär schlecht investiert" worden. So hätten etwa die deutschen Banken die Ersparnisse des Landes "zu jedem erdenklichen Müll recycelt" - von amerikanischen Schrottpapieren bis hin zu Immobilienkrediten in Spanien auf dem Höhepunkt der dortigen Blase.

Tatsächlich haben aber nicht nur die Banken miserabel investiert, sondern auch Industrie und Dienstleister. Ob bei ThyssenKrupp ein überteuertes brasilianisches Stahlwerk gebaut wurde, bei Daimler ein kompletter US-Autokonzern integriert und wieder abgestoßen werden musste oder die Telekom viel zu teuer ausländische Mobilfunkanbieter zusammenkaufte - die Liste der Fehlinvestitionen ist lang, das Ergebnis stets gleich: Das Geld ist größtenteils futsch.

Gegenwert von 15.000 Euro für jeden deutschen Haushalt

Hätte die Bundesrepublik dem Ausland Porsches, Miele-Geräte und andere Exportgüter im Wert von 600 Milliarden Euro einfach geschenkt, Deutschland wäre heute um keinen Cent ärmer. Denn volkswirtschaftlich kommt es letztlich auf das Gleiche heraus, ob man ein Auto für 100.000 Dollar in den USA verkauft und diese Summe dort anschließend in einer Investitionsruine versenkt - oder ob man das Auto gleich gratis über den Atlantik schickt.

Ganz nebenbei hätte Deutschland auf diese Weise in den Beliebtheitsranglisten einen weiten Satz nach vorne gemacht, anstatt sich auf jedem Gipfeltreffen erneut für seine angeblich zu hohen Exportüberschüsse geißeln zu lassen.

Mindestens ebenso attraktiv erscheint jedoch im Rückblick die Variante, die begehrten Produkte "made in Germany" nicht dem Ausland zu schenken, sondern den Bundesbürgern. Dann hätte sich theoretisch jeder der 40,4 Millionen deutschen Haushalte mit hiesiger Qualitätsarbeit im Gegenwert von rund 15.000 Euro eindecken können.

Ein Viertel Porsche - oder doch lieber eine Miele-Küche?

Wer etwa schon immer von einem Porsche geträumt hat, hätte sich den Wunsch gratis erfüllen können - zumindest im Car-Sharing-Modell: Ein Porsche Cayenne kostet in der Grundversion knapp 60.000 Euro. Die Bewohner eines Vierfamilienhauses könnten sich also einen teilen.

Stattdessen könnte auch die Wohnungsausstattung ein wenig aufgemöbelt werden: Eine komfortable Küche mit Elektrogeräten von Miele ist bereits für etwas weniger als 10.000 Euro zu haben. Bleiben noch rund 5500 Euro für das 40-Zoll-Spitzenmodell der fränkischen Edel-TV-Schmiede Loewe. Wohlgemerkt, in jedem deutschen Haushalt.

Im breiten Sortiment deutscher Exportschlager hätte sich sicher für jeden etwas gefunden. Volkswirtschaftlich vernünftiger wären allerdings zwei andere Varianten gewesen: Entweder das deutsche Geld im Ausland mit der gleichen Sorgfalt anzulegen, mit der deutsche Unternehmen ihre Exportgüter produzieren. Oder aber das Geld in Bildung, Umwelt und Infrastruktur in Deutschland zu investieren - so wie es das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung fordert.

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