Steuerbetrug im Emissionshandel Staatsanwalt beschuldigt Deutsche Bank

230 Millionen Euro sind dem deutschen Staat durch Steuerbetrug beim Handel mit CO2-Zertifikaten entgangen - und Strafermittler geben der Deutschen Bank eine erhebliche Mitschuld daran. Ohne das Institut hätte der Betrug nie stattfinden können, sagte ein Staatsanwalt beim Prozess gegen die Haupttäter. 
Kohlekraftwerk in Jänschwalde: Klima-Mafia hinterzog 230 Millionen Euro Steuern

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Foto: DPA

Frankfurt am Main - Bislang ist noch kein Mitarbeiter der Deutschen Bank angeklagt worden, doch nach Ansicht der Staatsanwaltschaft trägt das Institut eine Mitschuld an dem Hunderte Millionen Euro schweren Umsatzsteuerkarussell mit CO2-Emissionsrechten. Ohne die Mitwirkung der größten deutschen Bank hätten die 2009 bekannt gewordenen Betrügereien nie stattfinden können, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Gonder vor dem Landgericht Frankfurt.

Aktuell stehen in einem Verfahren vor der Großen Wirtschaftsstrafkammer sechs Händler wegen des Vorwurfs der schweren Steuerhinterziehung vor Gericht, keiner von ihnen arbeitet für die Deutsche Bank. Der Vertreter der Anklagebehörde äußerte sich zu Beginn seines Plädoyers am Montag dennoch zur Rolle des Unternehmens - und das eindeutig: Die Bank habe sich trotz einschlägiger Warnungen aus dem Ausland bereitwillig als Aufkäufer der Verschmutzungsrechte zur Verfügung gestellt, mit denen nach Erkenntnissen der Strafverfolger Hunderte Millionen Euro Umsatzsteuer hinterzogen wurden. "Auch Mitarbeiter der Deutschen Bank   waren darin zumindest schuldhaft verstrickt", sagte Gonder.

Deutsche Bank hat bereits 300 Millionen Euro abgeschrieben

Im Dezember 2009 hatte der SPIEGEL über Ermittlungen gegen die sogenannte Klima-Mafia berichtet  - einige der Angeklagten haben die Vorwürfe in dem aktuellen Prozess bereits gestanden. Demnach haben sie Zertifikate zumeist im Ausland gekauft und über mehrere Stufen letztlich an die Deutsche Bank weiterverkauft, die die CO2-Papiere wieder ins Ausland schaffte. Dafür haben die Händler wiederum Umsatzsteuer beim Finanzamt geltend gemacht, die sie tatsächlich nie gezahlt hatten. Den Angeklagten drohen langjährige Haftstrafen. Die Staatsanwaltschaft forderte am Montag bis zu achteinhalb Jahre.

Zu den insgesamt 170 Menschen, die die Ermittler in dem Fall im Visier haben, gehören auch sieben Mitarbeiter der Deutschen Bank. Gegen sie wird weiter ermittelt, im aktuellen Verfahren waren sie allerdings nur als Zeugen aufgetreten. Unter dem Eindruck des Prozessverlaufs hatte das Institut aber nach dem dritten Quartal mehr als 300 Millionen Euro auf die Umsatzsteuerforderungen abgeschrieben.

Ein Sprecher der Deutschen Bank sagte: "Eine interne Untersuchung einer unabhängigen Rechtsanwaltskanzlei hat bisher keine Hinweise auf eine Verstrickung der Mitarbeiter der Bank ergeben." Oberststaatsanwalt Gonder wollte sich am Rande der Verhandlung nicht dazu äußern, ob er auch Deutsche-Bank-Mitarbeiter anklagen wolle.

Er kritisierte in seinem Plädoyer auch den Gesetzgeber: Obwohl die Betrügereien bereits 2009 ruchbar geworden waren, habe eine Änderung der Steuergesetze bis Juli 2010 auf sich warten lassen. "Ein schnelleres Handeln hätte dem Fiskus einen Steuerschaden mindestens in dreistelliger Millionenhöhe erspart", sagte Gonder.

fdi/Reuters
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