Entlastungen wegen Inflation Aufschlag auf Hartz IV, Energiegutscheine oder Entfernungsgeld?

Vor dem Koalitionsausschuss über die hohe Inflation fordern Verbraucherschützer, Gewerkschafter, Union und Teile der SPD weitere Maßnahmen. Arbeitsminister Heil zieht jedoch auch Grenzen.
Passanten in Frankfurt am Main: Wie kann der Staat gegen hohe Preise helfen?

Passanten in Frankfurt am Main: Wie kann der Staat gegen hohe Preise helfen?

Foto: Frank Rumpenhorst / picture alliance / dpa

Die Koalition will am Abend dem Vernehmen nach darüber beraten, ob und wie sie die Menschen von der hohen Inflation weiter entlasten kann. Vor dem Treffen werden zahlreiche Forderungen laut, was die Regierung alles angehen solle. DGB-Chefin Yasmin Fahimi forderte etwa einen Aufschlag auf Hartz IV, aus der Union kamen Vorschläge für »Energiegutscheine« und ein »Entfernungsgeld«.

»Angesichts der weiter steigenden Preise und der Unsicherheiten bei der Gasversorgung braucht es unbedingt ein weiteres Entlastungspaket für die Bürgerinnen und Bürger«, sagte Fahimi den Zeitungen der Funke Mediengruppe. »In einer solchen Zeit der Krisen kann es nicht allein der Lohnpolitik aufgebürdet werden, Kaufkraftverluste zu verhindern und soziale Härten abzufedern«, mahnte die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). In ihren Augen sei auch ein »laufender, monatlicher Zuschlag zu den Hartz-IV-Regelsätzen notwendig«. Sie sprach sich zudem für einen Preisdeckel für den Grundbedarf an Strom und Gas aus.

Die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Jutta Gurkmann, forderte ein weiteres Entlastungspaket. Die Regierung müsse »finanzielle Hilfen wie den Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger:innen an die tatsächliche Preisentwicklung koppeln«, erklärte sie in Berlin. »Würden sich zum Beispiel die Zusatzkosten für die Gaspreise noch einmal verdoppeln, müsste die Bundesregierung auch den Heizkostenzuschuss und andere Transferleistungen entsprechend anheben.«

»Der Staat kann nicht alles für alle ausgleichen«

Unterschiedliche Ideen kamen aus der Unionsfraktion. Der Vizevorsitzende Jens Spahn schlug im Gespräch mit den Funke-Zeitungen unter anderem Gutscheine vor, die »Energiesparen und Geldsparen verbinden«. Details nannte er nicht. Der CDU-Politiker forderte auch eine Absenkung der Stromsteuer.

Der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, Axel Knoerig, warb in den Funke-Zeitungen für ein »einkommensunabhängiges Entfernungsgeld«. Jedes weitere Entlastungspaket der Bundesregierung, so der CDU-Politiker, »muss der Leitlinie folgen: Gezielte Hilfen für diejenigen, die sie benötigen.«

Konkrete Schritte sind vorerst aber nicht zu erwarten. SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast sagte in Berlin, sie gehe davon aus, dass es beim Koalitionsausschuss einen Austausch »in guter Atmosphäre« geben werde, »aber dass keine Beschlüsse gefasst werden«. Mast verwies auf die von Kanzler Scholz angestoßene konzertierte Aktion, die Anfang Juli starten soll. Die sei »ein kluger und weitsichtiger Weg«, weil sie der Regierung ermögliche, gemeinsam mit den Sozialpartnern weitere Schritte zu definieren.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte zuvor auf die Grenzen staatlicher Eingriffsmöglichkeiten hingewiesen. »Der Staat kann nicht alles für alle ausgleichen«, sagte der SPD-Politiker dem Magazin »Stern« vor dem Hintergrund aktueller Forderungen nach einer Mehrwertsteuersenkung. »Ich sehe ganz grundsätzlich keine Spielräume, Menschen zu entlasten, die ein sehr hohes Einkommen haben.« Er sei offen, über unterschiedliche Maßnahmen zu diskutieren, die gezielt Menschen mit unteren und normalen Einkommen entlasteten. »Wir müssen die Folgen der Preisentwicklung gezielt für die Menschen abfedern, für die sie wirklich eine existenzielle Bedrohung ist.«

Scholz und Heil hatten bei der Frage nach weiteren Entlastungen auf die geplanten Gespräche mit Gewerkschaften und Arbeitgebern verwiesen. Dies sei »der nächste Schritt« im Umgang mit den großen Herausforderungen durch die steigenden Preise, sagte der Regierungschef.

apr/AFP/dpa
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