Teure Grundversorgung Energiekunden zahlen mehr als eine Milliarde Euro zu viel

Kunden in der sogenannten Grundversorgung für Strom und Gas zahlen nach SPIEGEL-Informationen jedes Jahr gewaltige Summen drauf. Neben trägen Verbrauchern werden auch sozial Schwache geschröpft.
Stromzähler

Stromzähler

Foto: Jan Woitas/ dpa

Verbraucher in der sogenannten Grundversorgung zahlen jährlich rund 1,15 Milliarden Euro zu viel für ihre Energie. Das ergibt eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), die die Grundversorgungstarife mit den mittleren Preisen anderer Anbieter verglichen hat. Die Erhebung, die dem SPIEGEL vorliegt, soll zu Beginn kommender Woche veröffentlicht werden.

Ein Grundversorger ist gesetzlich verpflichtet, all jene Verbraucher mit Strom und Gas zu versorgen, die nicht selbst zu einem anderen Energielieferanten wechseln. Manche tun dies aus Trägheit nicht, andere werden wegen schlechter Bonität von keinem neuen Anbieter übernommen.

Die Grundversorgung deckte 2016 rund 31 Prozent des Stromverbrauchs und 22 Prozent des Gasverbrauchs ab, Lieferanten sind meist große Energiekonzerne wie RWE und Uniper. Die Grundversorger können ihre Preise weitgehend frei gestalten und streichen laut Verbraucherschützern hohe Margen ein.

"Ausgerechnet die sozial Schwachen werden hier teils als Melkkühe missbraucht", moniert Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Die Grundversorger selbst geben an, die teuren Preise seien eine Folge der erhöhten Prozesskosten und Zahlungsausfälle in diesem Marktsegment.

Mögliche Maßnahmen gegen überhöhte Preise

Um die Verbraucher zu entlasten, fordert die FES, die Grundversorgung bei der nächsten Vergaberunde im Juli 2021 auszuschreiben. So würde nicht mehr wie bislang automatisch das Unternehmen mit den meisten Kunden in einem bestimmten Netzgebiet zum Grundversorger werden, sondern die Firma, die das günstigste Angebot macht.

Verbraucherschützer Sieverding hält diesen Ansatz für zu aufwendig. "Von einer solchen Ausschreibung würden nur Kunden profitieren, die neu in die Grundversorgung kommen", sagt er. "Es würde sehr lange dauern, bis eine signifikante Zahl von Verbrauchern entlastet wäre." Dem geringen Effekt stünden ein hoher bürokratischer Aufwand und ein großes politisches Konfliktpotenzial gegenüber.

Grundsätzlich aber sei es positiv, nach Wegen zu suchen, um die Preise in der Grundversorgung zu senken, sagt Sieverding. Verbraucher mit guter Bonitätsnote sollten ohnehin so schnell wie möglich zu einem günstigeren Anbieter wechseln.

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