Regierungsplan
Stromkunden sollen für Windenergie-Firmen haften
Die privaten Konzerne scheuen sich, Offshore-Windparks ans Stromnetz anzuschließen, sie fürchten teure Pannen. Eine Arbeitsgruppe der Bundesregierung hat deshalb eine Idee: Der Staat könnte die Risiken für die Unternehmen übernehmen - oder gleich die Stromkunden.
Windpark in der Ostsee: Die Netzbetreiber scheuen die Kosten
Foto: Joern Pollex/ Getty Images
Berlin - Um den stockenden Ausbau von Windstrom auf hoher See in Schwung zu bringen, sollen Staat und Stromkunden den privaten Investoren Risiken abnehmen. Nur so könne der Bau neuer Windräder nach den Zielen der Bundes gesichert werden, heißt es im Abschlusspapier der von der Regierung eingesetzten Arbeitsgruppe "Beschleunigung", aus dem die Nachrichtenagentur Reuters zitiert.
Kernpunkt ist die Übernahme von Haftungsrisiken der Stromnetz-Gesellschaften, die als Hauptgrund für die Verzögerungen gelten. Am Donnerstag soll das Konzept Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) vorgestellt werden. Aus Kreisen der Arbeitsgruppe und der Regierung wurde allerdings darauf hingewiesen, dass der Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen das Vorhaben und das Treffen torpedieren könne.
"Soweit mögliche Schäden trotz technischer und organisatorischer Vorkehrungen nicht wirtschaftlich versicherbar sind, ist der Schadensausgleich zu sozialisieren", heißt es im Papier der Arbeitsgruppe, in der Netzfirmen, Windparkbetreiber, Zulieferer wie Siemens
sowie Umwelt- und Wirtschaftsministerium vertreten sind.
Denkbar sei zum Beispiel, dass die Bundesregierung einspringe oder dass die Kosten auf die von allen Stromkunden zu zahlenden Netz- oder Ökostromentgelte umgewälzt werden. Bis Sommer solle es dafür gesetzliche Vorschriften geben. Nur so könnten die nächsten Ausbaustufen mit Windparks der Leistung von sechs AKW bis 2013 in die Wege geleitet werden.
Der Netzbetreiber Tennet winkt ab
Die Netzgesellschaften müssen nach bisheriger Lage bei Leitungspannen und Verzögerungen den Einnahmeausfall der Windparkbetreiber auffangen. Sie zögern daher mit dem Anschluss von Windparks, obwohl dieser eigentlich innerhalb von 30 Monaten umgesetzt sein müsste. Umgekehrt haben Windpark-Investoren so keine Sicherheit, dass ihr Strom abtransportiert werden kann. Dies soll nun durch einen Rechtsanspruch der Investoren gegenüber den Netzfirmen geändert werden.
Gefragt ist vor allem der Netzbetreiber Tennet, der für den Anschluss der Nordsee-Anlagen verantwortlich ist. Tennet habe allerdings in der Arbeitsgruppe klargestellt, dass die nächsten Anschlussvorhaben "die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens übersteigen würden". Tennet gehörte einst dem Energiekonzern E.on und heute dem niederländischen Staat.
Bis 2030 soll Offshore-Strom nach dem Willen der Bundesregierung mit einer Leistung von rund 25 Gigawatt zur Stromversorgung beitragen, das entspricht etwa 20 Atomkraftwerken. Windräder auf hoher See sollen so den wichtigsten Beitrag zum Ausbau des Ökostroms in den nächsten Jahren liefern. Bislang ist allerdings nur eine kleinere, kommerzielle Anlage in der Ostsee in Betrieb.