Taktischer Schritt
Gazprom will hessischen Versorger kaufen
Der Energieriese Gazprom plant den nächsten Schritt in den deutschen Energiemarkt und will laut einem "Handelsblatt"-Bericht den hessischen Versorger Envacom kaufen. Damit hätte der russische Konzern den Sprung in den Endkundenmarkt geschafft.
Deutschlandzentrale von Gazprom: Mit Macht auf den deutschen Energiemarkt
Foto: dapd
Frankfurt am Main - Gazprom drängt auf den deutschen Markt und hat dabei einen kleinen Versorger ins Auge gefasst. Der russische Energiekonzern will das hessische Unternehmen Envacom übernehmen. "Es werden seit Monaten konkrete Gespräche über eine Übernahme geführt", sagte ein Envacom-Sprecher dem "Handelsblatt". "Es ist korrekt, dass Gazprom Interesse am Erwerb der vollständigen Gesellschaftsanteile der Envacom Service GmbH hat." Der russische Konzern wollte sich nicht äußern.
Nach Angaben des Bundeskartellamts wurde die Übernahme wesentlicher Vermögensteile bereits am 18. Oktober freigegeben. Zwar ist Envacom auf dem deutschen Energiemarkt kein großer Player, doch für
Gazprom wäre die Übernahme einen entscheidender strategischer Schritt: Der Konzern hätte damit zum ersten Mal in Deutschland Zugang zum Endkundenmarkt.
Envacom wurde 1999 gegründet und gehört zu den neuen, unabhängigen Energieanbietern, die im Internet versuchen, Großkonzernen wie RWE, E.on sowie den Stadtwerken Kunden abzujagen. Das Unternehmen deckt seinen Strombedarf nach eigenen Angaben ausschließlich mit erneuerbaren Energien und erwartet in der Sparte laut "Handelsblatt" in diesem Jahr Umsätze von rund 75 Millionen Euro. Nebenbei verkauft Envacom auch Telefon- und Internetverbindungen und hat nach Angaben auf seiner Internetseite insgesamt über 500.000 Kunden.
Gazprom
gehört zu den größten Gaslieferanten Deutschlands. Mit dem RWE-Konkurrenten E.on
baut der Konzern die Ostsee-Pipeline, die Gas von Sibirien nach Deutschland bringen soll. Die Envacom-Übernahme wäre für Gazprom nicht der erste Schritt auf den deutschen Energiemarkt. Der russische Konzern hat bereits eine
Partnerschaft mit dem deutschen Stromriesen RWE geschlossen. Es geht dabei unter anderem um günstigere Gaslieferverträge. Angepeilt ist aber auch die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens für Gas- und Kohlekraftwerke.